Mini-Opernabend, der begeisterte

Concerto Stella Matutina präsentierte selbst kreiertes
Vivaldi-Pasticcio.
Götzis Man nehme: eine zündende Idee, eine faszinierende Sängerin und eine kongeniale Geigerin, dazu das bewährte Ensemble von Concerto Stella Matutina. Heraus kommt ein veritabler Mini-Opernabend, der das Publikum am Freitagabend zu Begeisterungsstürmen hinriss. Die Idee hatte der Flötist und Komponist Wolfram Schurig, der aus Arien und Konzertsätzen von Antonio Vivaldi nach dem Pasticcio-Prinzip ein neues Werk unter dem Titel „Die vier Tageszeiten“ zusammenstellte, nicht zuletzt, um Strawinsky Lügen zu strafen, der lästerte, Vivaldi habe 500 Mal das gleiche Konzert komponiert. Strafmildernd wirkt hier höchstens der Umstand, dass Strawinsky viel weniger von Vivaldi kannte als wir heute, da ein Großteil der handschriftlichen Partituren des Prete Rosso erst in den 1920er-Jahren in einem piemontesischen Kloster entdeckt wurde.
Das neue Werk führt in einem emotionalen Spannungsbogen „einen fiktiven Protagonisten oder eine Protagonistin durch das Wechselbad der Gefühle eines anstrengenden barocken Opernhelden-Tages“, wie Lucas Schurig-Breuß im Programmheft schreibt. Die Protagonistin wurde von der an der Hamburger Staatsoper tätigen Ida Aldrian verkörpert, als Alt angekündigt, aber wohl eher ein Mezzosopran. Mit ihrer schlanken, beweglichen und ausdrucksfähigen Stimme und ihrer expressiven Mimik verlieh sie den Liebesleiden und -freuden intensiven und zu Herzen gehenden Ausdruck.
Spannungsvoll
Das Werk begann mit der Nacht, mit dem geheimnisvollen, harmonisch spannungsvollen Largo aus dem berühmten Konzert „La notte“, gefolgt von einer Arie aus „Tito Manlio“, bei der Schurig seine Fähigkeiten als Blockflötist zeigen konnte. Im 2. Teil wurde die Instrumentierung besonders farbig: Zu den Streichern und Holzbläsern traten zwei Hörner und die delikate Viola d’amore, die Lucas Schurig-Breuß klangvoll intonierte, dazu erklangen wieder zwei Opernarien. Im 3. Teil bezauberte ein Satz aus dem Mandolinenkonzert, RV 425, gespielt von Thor-Harald Johnsen mit kunstfertiger Pizzicato-Begleitung der Streicher, die in der nachfolgenden Arie aus „Il Giustino“ mit ihrem Zupfen Tränen imitierten. Zu einem besonderen Höhepunkt wurde der letzte Teil, weil hier die Konzertmeisterin Maria Kubizek, die lange mit Nikolaus Harnoncourt zusammengearbeitet hat, als Solistin hervortrat und mit ihrem schwungvollen, ebenso beseelten wie virtuosen Geigenspiel alle begeisterte – fast hätte man glauben können, einer Wiedergeburt Vivaldis zuzuhören. Auch er hätte seine Freude an diesem Abend gehabt.