Jugend erobert die alte Stella-Kapelle

Kultur / 04.07.2021 • 20:10 Uhr
Bratschist Fridolin Schöbi bewies außergewöhnliche Fähigkeiten.
Bratschist Fridolin Schöbi bewies außergewöhnliche Fähigkeiten.

Die KBSinfonietta und Solist Fridolin Schöbi überraschten mit extrem hohem Leistungsniveau.

FELDKIRCH Das war wieder eines jener Konzerte, die man lange nicht vergisst. Weil man einfach verblüfft war von der Art, mit der das schlicht KBSinfonietta benannte jüngste Orchester des Landeskonservatoriums die Kapelle der alten Stella und damit auch das zahlreiche Publikum im Sturm eroberte. Man wähnte sich lange im falschen Film, denn das konnte einfach nicht möglich sein, dass diese erst 14- bis 18-jährigen Musikgymnasiasten, denen noch einiges an Ausbildung fehlt, als angehende Orchestermusiker beinahe jenes Niveau erreichten, das man von den „Großen“ im Sinfonieorchester des Hauses zu hören gewohnt ist.

Ein Prüfstein

Diese Einschätzung gilt in gleichem Maße auch für den lautstark bejubelten Solisten dieses Chor- und Orchesterkonzertes. Der Feldkircher Bratschist Fridolin Schöbi, Jahrgang 2002, ist einer von 21 Musikgymnasiasten, die heuer dort maturieren und ihren Abschluss am Pre-College gemacht haben. Seine Begeisterung darüber drückt er im diesmal nicht bloß elektronisch, sondern wieder gedruckt vorliegenden Abendprogramm aus: „Viel schöner kann eine Schulzeit nicht sein.“ Hier findet Schöbi nun endlich Gelegenheit, vor einem ihm vertrauten Publikum seine außergewöhnlichen Fähigkeiten anhand des bekannten Violakonzertes von F. A. Hoffmeister zu demonstrieren, das gemeinhin als Prüfstein für dieses Instrument gilt. Neben seiner extrem hohen Musikalität weist er bereits die Reife einer bei Bratschen-Legende Klaus Christa solide ausgebildeten jungen Musikerpersönlichkeit auf. Er spielt das virtuose Werk komplett auswendig, korrespondiert im mozärtlichen Mittelsatz in dunkler Legato-Tönung mit seinen aufmerksam begleitenden Kollegen, kostet die Kadenzen fein aus und lässt sich nicht einmal durch die verwegenen Griff- und Spieltechniken im Rondo aus der Ruhe bringen.

Ernsthaftigkeit und Lockerheit

Für das Gelingen eines so risikoreichen Unterfangens ist natürlich professionelle Hilfe durch den unverzichtbaren Benjamin Lack am Pult notwendig, der die Youngsters top motiviert hat und ihnen nun die notwendige Kompetenz und Sicherheit vermittelt. Gleich am Beginn gibt Lack einer kleineren Gruppe des Orchesters die Freiheit, ohne sein Dirigat eine Serenata des steirischen Barockmeisters Johann Joseph Fux zu musizieren. Und es ist absolut spannend zu erleben, wie die jungen Musiker diese Aufgabe wie Profis ausführen, mit einer Mischung aus größter Ernsthaftigkeit und jugendlicher Lockerheit, angeführt von der jungen Konzertmeisterin Rahel Neyer und mit den beiden Absolventen Gabriel Morre und Jonas Inauen als Solisten auf ihren brillant geblasenen langen Barocktrompeten.

Eingerahmt wird das Programm von zwei prächtigen geistlichen Chorwerken Georg Friedrich Händels, die auch dem Chor des Konservatoriums entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Chorgesang ist dort bekanntlich Pflichtfach auch für Studenten aus dem Instrumentalbereich und damit nicht immer ganz freiwillig. Dennoch gelingt es Benjamin Lack, aus diesem heterogenen Angebot einen kompakten, wenn auch nicht immer sehr wortdeutlichen Chorklang zu erzeugen, in dem nur die Männerstimmen etwas unterbelichtet sind. Zusätzlich hat er kleinere Solopartien einigen Studenten aus Gesangsklassen anvertraut und diese im ruhigen Mittelteil des abschließenden machtvollen „Coronation Anthems“ auch zu einem fein abgestimmten Doppelquartett vereint. Zuvor stellt das „Utrechter Te Deum“ von 1713 mit seinen polyphonen Passagen besondere Anforderungen an Konzentration, Schlankheit und Beweglichkeit der Chorstimmen. In historisch informierter Spielweise, mit straffen Tempi und differenzierter Dynamik erzielt Lack den erwünschten Effekt barocker Prachtentfaltung.

Die KBSinfonietta und der Chor des Landeskonservatoriums begeisterten. konservatorium/Victor marin
Die KBSinfonietta und der Chor des Landeskonservatoriums begeisterten. konservatorium/Victor marin