Hollywood aus besonderer Perspektive

Kultur / 16.07.2021 • 19:22 Uhr
Es war einmal in HollywoodQuentin TarantinoKiepenheuer & Witsch416 Seiten

Es war einmal in Hollywood

Quentin Tarantino

Kiepenheuer & Witsch

416 Seiten

Quentin Tarantino braucht als Jungautor keine Starthilfe.

Roman Wie könnte ein Roman von Quentin Tarantino aussehen? Dass sich der Filmemacher bei seinem Debüt an die Leitplanken seines gleichnamigen Films hält, ist als Sicherheitsnetz wohl verständlich. Dabei bräuchte Jungautor Tarantino die Starthilfe vom Regiealtmeister Tarantino eigentlich nicht. Das Personal, aus dem der Geschichtenerzähler schöpft, ist wohlbekannt aus seinem bis dato letzten Film, bei dem Leonardo DiCaprio und Brad Pitt im Hollywood des Jahres 1969 den alternden Westernstar Rick Dalton und sein Stuntdouble Cliff Booth spielen. Und doch nützt Tarantino das Medium, um viele Szenen zu streichen und andererseits seinen Charakteren mehr Raum zu geben. Das betrifft vor allem Stuntman Cliff, der zum ungestraften Mörder wird. Somit ist “Es war einmal in Hollywood” mehr als ein Beitrag aus dem in Vergessenheit geratenen Subgenre der Buchversionen erfolgreicher Filme. Tarantino gelingt die Transponierung seiner Filmsprache in die Literatur.

Amüsantes Vexierspiel

So tritt auch beim Neoromancier das Realgeschehen hinter den Dialogen als tragendes, luftiges Gerüst zurück. Ob zwei Figuren Sex miteinander haben, wird in einem Nebensatz erwähnt – nachdem zuvor über mehrere Seiten der Film, den sie sich angesehen haben, analysiert wird. Am weitesten mit diesem Kunstkniff geht Tarantino, wenn er – anders als im Film – das Geschehen nicht auf den dramaturgischen Höhepunkt zusteuern lässt, in dem Rick und Cliff die Ermordung von Sharon Tate verhindern. Im Kern hat er ein amüsantes Vexierspiel im Stil von Peter Greenaway geschaffen. Welche der Figuren real existierten und welche der Fantasie des Autors entspringen, hält selbst für Cineasten Überraschungen bereit.