Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Spannende Zeiten im ORF

Kultur / 14.08.2021 • 12:59 Uhr

Die Wahl um die Führung im ORF ist geschlagen. Zum Generaldirektor wurde der von Bundeskanzler Sebastian Kurz schon lange auserkorene Kandidat Roland Weißmann von der türkisen Mehrheit im Stiftungsrat bestellt. Etwas überraschend nicht nur mit der gegebenen Mehrheit der Türkisen, sondern auch mit allen grünen Stiftungsräten. Womit etwas unerwartet eine stattliche Zweidrittelmehrheit zustande kam. Weißmann ist also gewählt – aber noch lange nicht im Amt. Bis Ende des Jahres bleibt Alexander Wrabetz alleiniger Geschäftsführer und man wird sehen, wie die beiden Kontrahenten in diesen fast fünf Monaten gemeinsam zu Entscheidungen kommen werden.

„Denn der ORF leidet unter Frauenmangel in Spitzenpositionen – vor allem auch bei den Landesdirektor*innen.“

Aber: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Am 16. September werden nämlich nicht nur die Direktoren für Programm, Technik und kaufmännische Leitung in Wien gewählt, sondern auch alle Landesdirektoren. Darunter natürlich auch jener für Vorarlberg. In allen Kommentaren zu dieser anstehenden Wahl – die Direktoren werden auf Vorschlag von Roland Weißmann vom Kuratorium gewählt – zählt der bisherige Direktor Markus Klement für Vorarlberg als sicherer Kandidat. Hört man sich aber genauer im Land und vor allem im Umfeld des ORF in Dornbirn um, dann gibt es doch auch andere, sehr kritische Stimmen. So fand vor einiger Zeit ein Zoom-Gespräch von aktiven und ehemaligen Mitarbeitern des ORF Vorarlberg statt, an dem unter anderem auch Christiana Jankovics, Zentralbetriebsrätin und Stiftungsrätin des ORF, teilgenommen hat. Das ist insofern bemerkenswert, als es das erste Mal war, dass eine signifikante Anzahl von ORF-Leuten öffentlich über ihre Probleme – im Regelfall Probleme mit Direktor Markus Klement – gesprochen haben. Da kamen durchaus auch unschöne Dinge zutage, die in einem gut geführten Unternehmen eigentlich nicht vorkommen dürften und die den Direktor einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in Schwierigkeiten bringen könnten.

Die Frage wird sein, ob sich erstmals in der Geschichte des Landessstudios Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weit bemerkbar machen können, dass ihr Ruf auch außerhalb des Unternehmens Gehör finden wird. So ist ja vor der Bestellung Landeshauptmann Markus Wallner durch den Generaldirektor von seinem Vorschlag für den Landesdirektor zu informieren. Der Landeshauptmann hat kein Entscheidungs-, nur ein Anhörungsrecht – aber sein Wort blieb bisher nie ungehört. Dringen also die Klagen aus dem Funkhaus Dornbirn bis nach Bregenz? Oder, noch einfacher: Bewirbt sich eine Frau mit besonderen Qualifikationen, dann könnte sie sich durchaus gute Chancen ausrechnen. Denn der ORF leidet unter Frauenmangel in Spitzenpositionen – vor allem auch bei den Landesdirektor*innen. Und da will Weißmann, so hat er gesagt, Abhilfe schaffen.

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.