Das Quartett, das aus der Pandemie entstand

Der Frust über Konzertabsagen stand Pate bei der Gründung des Quartetto Abbraccio.
FELDKIRCH Seit seinem Konzert in der sommerlichen Reihe im Rittersaal der Schattenburg existiert offiziell in der Szene ein neues Streichquartett aus heimischen Musikern. Es traf sich gut, dass bei den veranstaltenden Musikfreunden Feldkirch nach dem Abgang des verdienten Michael Buchrainer als Obmann mit Domorganist Johannes Hämmerle in dieser Funktion dem neuen Quartett die Möglichkeit für sein Debüt vor einem vollen Saal geboten wurde.
Es war im Pandemiejahr 2020, als vier Musiker des Symphonieorchesters Vorarlberg spontan beschlossen, dem Frust der ständigen Konzertabsagen des SOV infolge Corona zu entfliehen und als Ausgleich ein Streichquartett zu gründen. Mit einer gewissen positiven Ironie nannten sie es „Abbraccio“, was auf Italienisch so viel bedeutet wie „Umarmung“, also etwas, was damals so verpönt war die das Händeschütteln. Die beiden hoch qualifizierten Geigerinnen Ingrid Loacker und Susanne Mattle und die vielfältig tätige Cellistin Bianca Riesner nahmen für einen ersten Gehversuch bei einer Lesung von Renate Bauer den Tiroler Bratschisten Michael Köck quasi als „Hahn im Korb“ in ihre Mitte, der sich dabei pudelwohl fühlte. Man wollte weitermachen, weil es menschlich und musikalisch stimmte, und schon begannen intensive Proben. „Es war ein unglaublicher Genuss für uns, mit diesem Streichquartett durch die Corona-Zeit getragen zu werden“, so Cellistin Bianca Riesner rückblickend.
Natürlich war man sich für die Premiere bewusst, dass dieser Rittersaal kein Konzertsaal im eigentlichen Sinn ist, es fehlt an der Akustik, am Licht und am Platz. Aber, was soll man sagen: Der Saal hat unglaubliche Atmosphäre, ist ein Stück Alt-Feldkirch, und alle fühlen sich geborgen. Auch die Musiker des neuen Quartetts, das dort gut vorbereitet sein anspruchsvolles klassisches Programm entfaltet.
Vielversprechender Start
Unter dem Motto „Licht und Schatten“ stellen die Vier zwei heitere Quartette von Joseph Haydn einem eher tiefgründigen von Beethoven gegenüber. Ein schöner Kontrast, der klanglich zusätzliche dunkle Farbtönung erhält, weil „Abbraccio“ als einziges Quartett im Land historisch korrekt auf Darmsaiten und in alter „tiefer“ Stimmung spielt. Von Beginn an, mit einem von Haydns fröhlichen „Sonnenquartetten“ in C-Dur, wird sehr engagiert und ambitioniert musiziert, in einem schön aufeinander abgestimmten Ensemble-Geist mit kleinen Blickkontakten, manchem Lächeln und gegenseitigem aufeinander Hören, besonders in der temporeich und präzise exekutierten Schlussfuge. Beethovens c-Moll-Quartett aus op. 18 ist sehr persönlich und leidenschaftlich gehalten, ein geheimnisvoller Anfang geht über in energische Sforzati, meisterhaft gestaltet in der Stimmführung, die mit großer Akribie nachvollzogen wird. Haydns spätes D-Dur-Werk mit einem intensiv musizierten Largo cantabile und virtuosen Cello-Passagen im Trio des Menuetts bilden den zupackenden Abschluss. Abbraccio – ein gefeierter, vielversprechender Start.
Feldkircher Schattenburg-Konzert: 30. August, 19.30 Uhr – Ensemble „Carion“ („Der Karneval von Venedig”)