Wie ein Flugzeug, das sich ins Konzert verirrt hat

Kultur / 20.09.2021 • 20:11 Uhr
Thomas Gorbach am Mischpult, seinem komplexen Musikinstrument. ju
Thomas Gorbach am Mischpult, seinem komplexen Musikinstrument. ju

Ein Lautsprecher-Orchester beim Schallwende-Festival.

FELDKIRCH Weit vorgewagt in Bereiche Neuer Musik haben sich Dietmar Kirchner und Wolfgang W. Lindner als Kuratoren des Schallwende-Festivals bei der Eröffnung ihrer dritten Ausgabe. Auch wenn das Konzept dem Titel ihrer Reihe entsprach, erschien ein Konzert, bei dem durch ein Lautsprecher-Orchester fast nichts als Geräuschcollagen abgespielt wurden, dem Publikum doch etwas suspekt. So verirrten sich nur wenige Interessente ins Saumarkttheater. Für Fachleute ist die Musik auch in Geräuschen vorhanden und bietet ein weites Feld für Klangexperimente. Zu ihnen zählt der in Thüringerberg geborene Thomas Gorbach, der am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der Technischen Universität Wien wirkt. Er weckt am Vormittag bei Jugendlichen großes Interesse für sein Forschungsprojekt mit dem Ziel, den musikalischen Ausdruck in digitalen Musikinstrumenten zu entdecken.

Akusmatische Musik

Am Abend geht es dann um die Präsentation von Gorbachs seit 1990 gemachten Erfahrungen mit akusmatischer Musik, also eine Erforschung des Hörens elektronischer Klänge ohne visuelle Einflüsse. Dazu hat er mit seiner Mannschaft ein kleines Akusmonium, also ein Equipment von zehn Lautsprechern, vom Hochtöner bis zum Bassbrummer, aufgebaut, das er „Lautsprecher-Orchester“ nennt und über das seine elektroakustischen Kompositionen abgestrahlt werden. Zentrum ist ein großes Mischpult, dessen Regler Gorbach oder seine Assistentin Angela Lau so virtuos bedient wie ein Pianist seine Klaviertasten und damit die einzelnen Klangquellen zum gewünschten Eindruck mixt, der sich von Mal zu Mal verändern kann.

Das funktioniert am eindrücklichsten in „Viola Sylvestris“, einem mit Naturlauten angereicherten Auftragswerk für das Stift Admont, bei dem sich die Zuhörer in ihre Sitze ducken, weil sie glauben, ein Flugzeug hätte sich in den Saumarkt verirrt. Das variiert bei Werken anderer Komponisten wie „Cercles et Surfaces 2013“ der Argentinierin Elsa Justel mit ihren chaotischen Klangmustern oder der Südtirolerin Caroline Profanter in „Créatures Composites“ mit der Zerlegung von Klangmaterial. Gorbachs gesampelte Klavierklänge in „Four Variations with Ribbed Sounds“ ergeben tolle Sounds, leiden aber durch übermäßige Lautstärke.

Zum Schluss wird doch noch richtig musiziert, mit zwei elektronischen Instrumenten, die Thomas Gorbach und Enrique Tomàs virtuos bedienen und spezielle Effekte damit generieren: „Noisy Rotation“, eine Art leere Klorolle an einem seidenen Faden, und das „Bending Instrument“, das man herkömmlich als „Singende Säge“ bezeichnet. JU