Das öffnet eine Verlustrechnung

Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ auf Minimalbesetzung eingedampft.
ZÜRICH Schuhe, Schuhe und nochmals Schuhe. Und alle gelb. Oder manchmal auch goldfarben. Nicolas Stemann flutet in seiner Neuinszenierung des Theaterklassikers „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt die Pfauenbühne mit Schuhen und deren Verpackungsmaterial. Sogar vom Bühnenhimmel regnet es Schuhe.
Den Einfall des vor 100 Jahren geborenen Dürrenmatt, verarmte Leute in dem fiktiven Städtchen Güllen in neuen gelben Schuhe auftreten zu lassen, die später dann mit dem Mord an einem ihrer Mitbürger bezahlt werden sollen, macht Stemann zur Chiffre für heutigen Konsumwahn und unseren viel zu großen ökologischen Fußabdruck. In der Tat, was lassen wir uns nicht alles „anschreiben“! Stemann selbst erwähnt auf dem auf FSC-zertifizierten 100-prozentigen Altpapier des Programmhefts die SUVs. Und schickt in seiner Dürrenmatt-Version auf Monitoren Bilder hinterher von ökologischen Katastrophen, wie wir sie gerade im jetzigen Jahr wieder vermehrt zu sehen bekommen haben (Bühne und Video: Claudia Lehmann). An der realen Legitimierung für eine solche zeitkritische Aufdatierung fehlt es ja, leider, mitnichten. Wobei Stemann auch noch das Thema Patriarchat etwas reinpackt. Allerdings nur bedingt eignet sich hierfür die leicht boulevardesk gebaute „tragische Komödie“ über die im Ausland steinreich gewordene ehemalige Güllenerin Claire Zachanassian, die den Bewohnern des ruinierten Städtchens eine Milliarde verspricht, wenn sie Alfred Ill umbringen, der sie vor Jahrzehnten geschwängert und dann ehrlos im Stich gelassen hat. Und dass Stemann den vor 65 Jahren gleichfalls im Pfauen uraufgeführten Dreiakter eingedampft hat auf die Besetzung mit einer Schauspielerin, einem Schauspieler und einer Musikerin, öffnet auch eine Verlustrechnung. Textlich wird das Dürrenmattsche Original zwar im Wesentlichen bewahrt. Aber es nervt halt schon, wenn man nun Textteile bald alternierend, bald zu zweit aufsagt oder wenn bald demonstrativ-entspannt gesprochen, bald wieder Tempo gegeben wird.
Inszenatorische Déjà-vus
Sebastian Rudolph und Patrycia Ziolkowska sind zwar schauspielerisch und sprechtechnisch so wendig und fokussiert, dass sie es schaffen, blitzschnell von einer Rolle in die nächste zu wechseln, ein Mehrwert resultiert aus der reduktionistischen Setzung aber kaum. Bemühend wird es, wenn die beiden verquaste Ausdruckstänze hinlegen. Und reinster Pseudo-Schock-Kitsch ist es, wenn sie sich die Münder mit Wasser füllen und die Flüssigkeit dann dekorativ versprühen. Auch die demonstrativen Verweise darauf, dass hier kein aristotelisches Illusionstheater gezeigt wird – zum Beispiel die Spielchen mit der Souffleuse – sind inszenatorische Déjà-vus. Und die Musikerin Camilla Sparksss nähert sich mit ihren Aggro-Songs und donnernd-kreischenden Klängen dem Niveau musikalischer Nullnummern.
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