Von der engen Verflechtung von Literatur und Musik

Die Reihe „Musik in der Pforte“ startete mit berückenden Vokalkompositionen der Renaissance.
FELDKIRCH „Wir fangen wieder an richtig zu leben“, konstatierte erleichtert Kurator der „Pforte“-Reihe Klaus Christa. Der Boss bei diesem Projekt aber war der rührige Johannes Hämmerle, der neben seinen Jobs als Domkapellmeister und Dozent für Cembalo am Konservatorium sowie regelmäßigen Konzerten und CD-Einspielungen noch Zeit gefunden hatte für ein anspruchsvolles Programm, das 400 Jahre zurück zur hohen Kunst des Madrigals an der Schwelle von der Spätrenaissance zum Frühbarock führte.

Als solches ist das Madrigal ja eine Art Vorläufer unseres heute so geschätzten klassisch-romantischen Liedes, denn auch hier geht es um die enge Verflechtung von Literatur und Musik in Kunstwerken von höchster Qualität, um „Beflügelte Worte“ also, wie dieses Projekt benannt wurde. Als Grundgerüst dient dabei eine Gegenüberstellung von Vokalwerken der beiden Zeitgenossen Johann Hermann Schein (1536-1630) und Heinrich Schütz (1585-1672) in ihren vielfältigen Erscheinungsformen. Während Schein in inniger Verbindung von Wort und Musik eher deutsche Texte vertonte, liebte Schütz das Italienische. Beide vereint ihre Meisterschaft der Vokalpolyphonie in der kunstvollen Verflechtung von bis zu fünf Stimmen.
Spezialisten Alter Musik
Für dieses höchst anspruchsvolle Repertoire sind unter Mithilfe der Basler Sopranistin Jessica Jans, die selber den ersten Solopart übernimmt, internationale Spezialisten Alter Musik zu einem erlesenen, sehr homogen agierenden Vokalquintett vereint worden. Gemeinsam mit dem bewährten Continuo von Thomas Boysen, Knickhalslaute, Thor-Harald Johnsen, Theorbe, Barbara Fischer, Violone, und Johannes Hämmerle, der von Cembalo und Truhenorgel aus das Ensemble auch leitet, ergibt sich daraus ein wunderbar gelöstes Musizieren stilistisch ganz im Geiste jener Zeit. Zur Auswahl mit Hirten- und Schäferidyllen einerseits und emotionalen Betrachtungen um Liebe und Tod gibt Hämmerle fachlich untadelige, aber lockere Einführungen in diese „Königsdisziplin der Kompositionskunst“. Besonders interessant wird das bei der Gegenüberstellung oft total konträrer Vertonungen des gleichen Textes durch verschiedene Komponisten, etwa „Giunto è pur, Lidia“ morbid durch Schütz, hoffnungsfroh durch Frescobaldi.

Dabei wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es sich eigentlich „nur“ um eine Generalprobe handle. Das schließt freilich nicht aus, dass auch hier absolute Professionalität vorherrscht, wenn es um die Sache selbst geht und die Vokalisten neben ihrem intensiven musikalischen Ausdruck auch so deutlich ihre Mimik einsetzen, dass man auch bei italienischen Texten genau weiß, worum es in ihrem Lied geht. Besonders eindrücklich wird das, wenn die Sänger auch solistisch Rollen übernehmen: der Tenor Jakob Pilgram etwa im schmachtenden „Filli mirando il Cielo“ von Sances, der koloraturfreudige Bass Dominik Wörner im klagenden „Troppo sotto due stelle“ von Frescobaldi, das einzig echte Liebesduett des Abends zwischen Sopran Jessica Jans und Tenor Pilgram mit dem lustigen „Lilla bell‘ e crudele“ von Sances und schließlich die Stimmakrobatik von Bernd Fröhlich, der in „Chiesi un bacio“ um einen verweigerten Kuss in seinen beiden wechselnden Stimmlagen Altus und Tenor mit sich selbst im Duett singt. Fritz Jurmann
Nächstes „Pforte“-Programm: 28. , 29. Und 30. Oktober in Feldkirch (Konservatorium) und Hittisau (Bergmann-Saal), Auftritt des „Pforte“-Kammerchores.