Begegnung mit Pinguinen im Palais Thurn und Taxis

Schau im Künstlerhaus blickt mit Humor und Leichtigkeit auf zeitgenössische skandinavische Kunstpraxis.
BREGENZ Müsste man die aktuelle Gruppenausstellung „What we are working with“ im Bregenzer Künstlerhaus mit einem einzigen Wort beschreiben, so wäre wohl das Adjektiv „leicht“ am zutreffendsten. Was die Schau keineswegs davon abhält, inhaltsschwer zu sein und einen Blick in die Tiefgründigkeit und den Humor der skandinavischen Künstlerseele zu offenbaren. Initiiert haben die Schau Kristina Bengtsson und Kevin Malcolm: Das in Kopenhagen lebende schwedisch-schottische Künstlerpaar ist seit anfangs November im Rahmen der jährlich ausgeschriebenen, dreimonatigen Künstlerhaus-Residency in Bregenz tätig und hat sich entschieden, die an den Arbeitsaufenthalt gekoppelte Ausstellung zur Gruppenschau zu machen. Mit ihrem temporären Umzug nach Bregenz, mit Kind und Kegel bzw. Kunst im Gepäck und der vollgepackten Familienkutsche, sahen sich die beiden einmal mehr mit der Frage, was es eigentlich zum Leben und Arbeiten braucht, konfrontiert.

In die Auseinandersetzung mit dem Arbeitsleben, die Komplexität von Arbeit und künstlerischer Produktivität, Kunstschaffende, die auf einen Brotberuf angewiesen sind, Selbstbestimmung, aber auch Themen wie Migration und Flexibilität in Hinblick auf zukünftige Modelle haben Bengtsson und Malcom sieben weitere, skandinavische Kunstschaffende eingebunden. Nicht in der allmächtigen Kuratoren-Rolle, sondern in einer gemeinschaftlich diskutierten und erarbeiteten Kooperation. Jenseits von Materialschlachten und Ausstellungsprojekten, die häufig mit enormem Aufwand und zuungunsten von Ressourcen und Umwelt zum Großereignis hochstilisiert werden, zeichnen sich deren zumeist filigrane Werke im Künstlerhaus durch ihre ungemeine Leichtigkeit aus und eine Praktikabilität, die etwas vom Aufbau-Konzept eines Billy-Regals hat. Was in diesem Fall absolut eine Tugend ist und Klasse hat.

Auf der Theke ausgebreitet und zum Mitnehmen sind Postkartenserien von Henning Lundkvist, der Autor und Künstler ist und wenn er nicht gerade Brot backt oder in seiner Kopenhagener Bar steht, humorvolle Grüße von Baden-Baden bis Bergen versendet. Anweisungen wie Tutorials oder kleine Performances mit viel Witz zum fast genussfreien Urlaub oder schlecht Schminken liefert die Schwedin Kajsa Karlsson mit ihren Abreißblöcken, während der dänische Maler Duncan Paré, die Frage anreißt, wann ein Bild denn eigentlich ein (fertiges) Bild ist.

Mit zu den eigenwilligsten Arbeiten zählen die im Haus verstreuten wundersamen Miniaturen und poetischen Stillleben des Finnen Mikko Kuorinki, wo zusammengefügt wird, was nicht zusammengehört, um dann doch wieder irgendwie (Un)Sinn zu ergeben. Auf selbstgezimmerten Couchtisch-artigen Podesten aus Gipskartonplatten platziert Kristina Bengtsson ihre aus einer geheimen Rezeptur aus Erde, Kaffee und Bindemittel selbstgeformten Kaffee-Services und -Tassen. Was der einen die Kaffeepause ist ein wichtiger Teil künstlerischer Arbeit, ist bzw. war dem anderen, Kevin Malcolm, die Zigarettenpause. Für seine Zeit in Vorarlberg hat er sich zwei Dinge vorgenommen: mit dem Rauchen aufzuhören und Gletscher zu besuchen. Beides ist ihm (fast) gelungen, in aufgeklappten Zigarettenschachteln inszeniert er Fotos vom Hintertuxer Gletscher. Die leeren Werkzeugkoffer verschiedener Firmen überzieht die Dänin Anne-Mette Schultz mit bunten Secondhand-Seidentüchern, während der in Schweden lebende Matti Sumari Alu-Getränkedosen ohne Pfand einschmilzt und zu kleinen Skulpturen recycelt. Die Geschichte des 2011 in Neuseeland, weitab seiner antarktischen Heimat, aufgefundenen Pinguins „Happy Feet“ liegt der Installation von Kah Bee Chow im kühlen Dachgeschoss zugrunde. Eine kleine Kolonie „flüchtiger“ Pinguine bewegt sich im Raum auf einen Spiegel zu. Ariane Grabher
Geöffnet im Künstlerhaus in Bregenz, Gallusstraße 10, bis 9. Jänner, Mi bis Sa, 14 bis 18 Uhr, So- und Feiertage, 11 bis 17 Uhr. 17. Dezember, 16 bis 20 Uhr, Eröffnung.
