“Improvisation ist Teil des Menschseins”

Der Jazzmusiker Erich Tiefenthaler hat schon in vielen Formationen gespielt, nun tritt er im Viererteam auf.
Feldkirch Erich Tiefenthaler schätzt die Szene in Vorarlberg, weiß aber, wovon er spricht, wenn er für eine länderverbindende Jazzakademie plädiert.
Ihre Formation Erich Tiefenthalers Flute Jazz Four ist mit Patrick Manzecchi, Dietmar Kirchner und Peter Madsen international und hochkarätig besetzt. Wie haben Sie sich gefunden?
Tiefenthaler Peter Madsen lernte ich auf einer Konzerttour mit dem BodanArtOrchestra als einen sehr liebenswürdigen und musikalisch über alle Zweifel erhabenen Musiker und fantastischen Jazzpianisten kennen. Mit dem sehr feinfühlig und farbenreich spielenden Drummer Patrick Manzecchi spielte ich vor Jahren in einem Jazzquartett, in dem ich als Sideman fungierte. Meine Erinnerung an ihn: „Der Patrick groovt wie die . . .“ Der Bass ist das Fundament in der Musik und da konnte ich mir nur Dietmar Kirchner vorstellen. Besonders spannend war die Zusammenarbeit mit Dietmar bei seiner Komposition „Tamuke“, geschrieben für meine Shakuhachi Flöte und das Ensemble Plus mit Musikern des Symphonieorchesters Vorarlberg.
Wie würden Sie die Musik Ihres Ensembles beschreiben?
Tiefenthaler Da kommen mir diese Adjektive in den Sinn: subtil, klangfarbenreich, energetisch, dynamisch, interaktiv.
Was hat Sie in Ihrer Laufbahn geprägt? Wie sieht ihr Werdegang aus?
Tiefenthaler Eine vollumfängliche Antwort würde diesen Rahmen sprengen. Aber ich kann mich erinnern meinen wahrscheinlich ersten Auftritt hier im Saumarkt vor langer Zeit im Rahmen einer Vorspielstunde der Musikschule Feldkrich absolviert zu haben. Nach meiner Matura habe ich im Ausland Jazz studiert. Meine massgeblichen Jazz-Influencer waren der amerikanische Jazzpianist Art Lande und der Wiener Saxofonist Harry Sokal. Natürlich gab und gibt es noch unzählige andere wichtige Inspirationsquellen. Vor gut vier Jahren habe ich ein kurzes Intensivstudium in Japan auf der traditionellen Flöte „Shakuhachi“ genossen. Dieses Instrument kommt beim Konzert im Saumarkt auch zum Einsatz.
Im Rahmen Ihres Ensembles werden auch Eigenkompositionen gespielt. Was beeinflusst Sie in Ihrer kompositorischen Arbeit?
Tiefenthaler Vorbilder meiner Kompositionen sind Stimmungen, Impressionen, Geschichten – manchmal ganz profane.
Jazz gilt als Musikrichtung, die stark von Improvisation lebt. Wie gehen Sie als Komponist damit um?
Tiefenthaler Ich versuche über meine Kompositionen nur die inspirierende Basis zur kreativen Improvisation zu geben. Improvisation ist ein wichtiger Teil unseres Menschseins.
Sie selbst leben als Musiker und Musikvermittler in der Schweiz. Wie erleben Sie die Ostschweizer Jazzszene?
Tiefenthaler In den 1980er-Jahren hatte St. Gallen durch die mit Benny Bailey, Art Lande, Uli Scherer und anderen erstklassigen Protagonisten top besetzte Jazzakademie internationale Ausstrahlungskraft. Diese Zeit ist vorbei. Zum Glück gibt es wieder neue Aktivitäten, wie das Ostschweizer Jazzkollektiv, welches versucht, die aktiven Jazzmusiker in der Region zusammenzubringen. Mit dem Jazzclub Gambrinus gibt es auch einen Veranstalter, der in St. Gallen und Rorschach viele Konzerte organisiert.
Wie könnte man die musikalische Verbindung zwischen der Schweiz und Österreich bzw. die Zusammenarbeit in der Region über die Grenzen hinweg stärken?
Tiefenthaler Toll wäre ein länderverbindendes Jazz(Musik)Festival. Wichtig für eine musikalische Zusammenarbeit wäre eine gemeinsame professionelle Jazzakademie. In der klassischen Musik ist für die Rheintaler Schweizer das Landeskonservatorium in Feldkirch eine wichtige Anlaufstelle. Die anderen Ostschweizer Regionen orientieren sich jedoch mehr an der Zürcher Hochschule der Künste. Es gibt schon das BodanArtOrchestra mit Musikern aus der Ostschweiz, Vorarlberg und Süddeutschland. Das war und ist ein Anfang. Es gibt schon eine Vernetzung, aber immer noch mit einer Barriere unilateraler Natur. In der Ostschweiz gibt es doch einige aktive Jazzmusiker aus Vorarlberg, umgekehrt ist es jedoch nicht so. Sab

Zur Person
Erich Tiefenthaler
Geboren 1966
Stationen Musikschule Feldkirch; Studium an der Jazzschule St. Gallen bei Albert Landolt; Lehrdiplom mit Auszeichnung. Kurse bei Marianne Stucki (Schweiz), Harry Sokal (Österreich), Gianluigi Trovesi (Italien), Art Lande (USA), Roger Mather (USA) und Enrico Rava (Italien). Studium Shakuhachi bei Taro Matsumoto in Japan
Auftritte zahlreiche Engagements in Bands
19. Februar, 19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch: Erich Tiefenthalers Flute Jazz Four mit Erich Tiefenthaler, Patrick Manzecchi, Peter Madsen und Dietmar Kirchner.