“Improvisation ist ein wichtiger Teil unseres Menschseins”

Kultur / 17.02.2022 • 22:00 Uhr
"Improvisation ist ein wichtiger Teil unseres Menschseins"
Erich Tiefenthalers Flute Jazz Four heißt die Formation, die sich nun in Feldkirch vorstellt. tas

Der Jazzmusiker Erich Tiefenthaler hat schon in vielen Formationen gespielt, nun tritt er im Quartett auf.

Feldkirch Erich Tiefenthaler schätzt die Szene in Voarrlberg, weiß aber, wovon er spricht, wenn er für eine länderverbindende Jazzakademie plädiert.

Ihre Formation Erich Tiefenthalers Flute Jazz Four ist mit Patrick Manzecchi, Dietmar Kirchner und Peter Madsen international und hochkarätig besetzt. Wie haben Sie sich gefunden?
Peter Madsen lernte ich auf einer Konzerttour mit dem BodanArtOrchestra als einen sehr liebenswürdigen und musikalisch über alle Zweifel erhabenen Musiker und fantastischen Jazzpianisten kennen. Mit dem sehr feinfühlig und farbenreich spielenden Drummer Patrick Manzecchi spielte ich vor Jahren in einem Jazzquartett in dem ich als Sideman fungierte. Meine Erinnerung an ihn: „Der Patrick groovt wie die . . .“. Der Bass ist das Fundament in der Musik und da konnte ich mir nur Dietmar Kirchner vorstellen. Besonders spannend war die Zusammenarbeit mit Dietmar bei seiner Komposition „Tamuke“, geschrieben für meine Shakuhachi Flöte und das Ensemble Plus des Landesorchesters Vorarlberg.

Wie würden Sie die Musik Ihres Ensembles beschreiben?
Da kommen mir diese Adjektive in den Sinn: subtil, klangfarbenreich, energetisch, dynamisch, interaktiv.

Erich Tiefenthaler spielt auch auf besonderen Bambusflöten. <span class="copyright">tas</span>
Erich Tiefenthaler spielt auch auf besonderen Bambusflöten. tas

Was hat Sie in Ihrer Laufbahn geprägt? Wie sieht Ihr Werdegang aus?
Eine vollumfängliche Antwort würde diesen Rahmen sprengen. Aber ich kann mich erinnern, meinen wahrscheinlich ersten Auftritt hier im Saumarkt vor langer Zeit im Rahmen einer Vorspielstunde der Musikschule Feldkrich absolviert zu haben. Nach meiner Matura habe ich im Ausland Jazz studiert. Meine massgeblichen Influencer waren der amerikanische Jazzpianist Art Lande und der Wiener Saxofonist Harry Sokal. Natürlich gab und gibt es noch unzählige andere wichtige Inspirationsquellen. Vor gut vier Jahren habe ich ein kurzes Intensivstudium in Japan auf der traditionellen Flöte Shakuhachi genossen. Dieses Instrument kommt beim kommenden Konzert im Saumarkt auch zum Einsatz.

Im Rahmen Ihres Ensembles werden auch Eigenkompositionen gespielt. Was beeinflusst Sie in Ihrer kompositorischen Arbeit?
Vorbilder meiner Kompositionen sind Stimmungen, Impressionen, Geschichten – manchmal ganz profane.

Jazz gilt als Musikrichtung, die stark von Improvisation lebt. Wie gehen Sie als Komponist damit um?
Ich versuche über meine Kompositionen nur die inspirierende Basis zur kreativen Improvisation zu geben. Improvisation ist ein wichtiger Teil unseres Menschseins.

Sie selbst leben als Musiker und Musikvermittler in der Schweiz. Wie erleben Sie die Ostschweizerische Jazzszene?
In den 1980er Jahren hatte St. Gallen durch die mit Benny Bailey, Art Lande, Uli Scherer und anderen erstklassigen Protagonisten top besetzte Jazzakademie internationale Ausstrahlungskraft. Zum Glück gibt es wieder neue Aktivitäten wie das Ostschweizer Jazzkollektiv, welches versucht, die regionalen aktiven Jazzmusiker zusammenzubringen. Mit dem Jazzclub Gambrinus gibt es auch einen Veranstalter, der in St. Gallen und Rorschach Konzerte organisiert.

Wie könnte man die musikalische Verbindung zwischen der Schweiz und Österreich bzw. die Zusammenarbeit in der Region über die Grenzen hinweg stärken?
Toll wäre ein länderverbindendes Jazzfestival. Wichtig für eine musikalische Zusammenarbeit wäre eine gemeinsame professionelle Jazzakademie. In der klassischen Musik ist für die Rheintaler Schweizer das Musikkonservatorium Feldkirch eine wichtige Anlaufstelle. Die anderen Ostschweizer Regionen orientieren sich jedoch mehr an der Zhdk Zürich. Es gibt schon das BodanArtOrchestra mit Musikern aus der Ostschweiz, Vorarlberg und Süddeutschland. Das war und ist ein Anfang. Es gibt schon eine Vernetzung, aber immer noch mit einer Barriere unilateraler Natur. In der Ostschweiz gibt es doch einige aktive Jazzmusiker aus Vorarlberg, jedoch nicht umgekehrt. sab

Erich Tiefenthaler

Geboren 1966

Stationen Musikschule Feldkirch bei Günter Wehinger; Studium an der Jazz Schule St. Gallen bei Albert Landolt; Lehrdiplom mit Auszeichnung. Weiters Kurse bei Marianne Stucki (Schweiz), Harry Sokal (Österreich), Gianluigi Trovesi (Italien), Art Lande (USA), Roger Mather (USA) und Enrico Rava (Italien). Intensivstudium Shakuhachi bei Taro Matsumoto in Nara und Osaka

Engagements in zahlreichen Formationen

19. Februar, 19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch: Erich Tiefenthalers Flute Jazz Four mit Erich Tiefenthaler, Patrick Manzecchi, Peter Madsen und Dietmar Kirchner.