Musiktipps. Von Fritz Jurmann

Kultur / 23.02.2022 • 21:13 Uhr
Musiktipps. Von Fritz Jurmann

KÜNSTLER Igor Levit, Klavier

ALBUM Klavierzyklen von Ronald Stevenson und Dmitri Schostakowitsch

LABEL SONY Classical (3 CDs)

Hinter dem Titel „Passacaglia on DSCH“ verbirgt sich ein atemberaubender 85-minütiger Klavierzyklus, wie ihn die Neue Musik kein zweites Mal kennt. Der Schotte Ronald Stevenson (1928 – 2015) hat seine Verehrung für den russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch in ein Jahrhundertwerk gegossen, in dem alle denkbaren Stilrichtungen und Kulturkreise zu einer abenteuerlichen Weltgeschichte der Musik vereint sind. Man kann sich keinen anderen Pianisten unserer Zeit vorstellen als den Deutsch-Russen Igor Levit, der diesem Werk zwischen Zärtlichkeit und Eruption nichts schuldig bliebe. Die Bregenzer Meisterkonzerte vermitteln ihrem Publikum diese spannende Auseinandersetzung als Live-Erlebnis. Die Dreifach-CD konfrontiert diesen Geniestreich mit einem Zyklus des Widmungsträgers Schostakowitsch von 24 Präludien und Fugen, der das Klavierspiel wieder auf Normalmaß rückt. 19. März, 19.30 Uhr, Festspielhaus Bregenz.

KÜNSTLER Gidon Kremer, Violine
ALBUM Weinberg Sonaten für Violine solo

LABEL ECM


Manfred Eichers ECM-Label verdankt man immer wieder musikalische Kostbarkeiten wie die 1993 in St. Gerold produzierte legendäre CD „Officium“ mit dem Hilliard-Ensemble und dem Saxophonisten Jan Garbarek. Diesmal geht es um Musik des polnisch-jüdischen Komponisten Mieczylaw Weinberg (1919 – 1996), dessen von Intendant David Pountney wiederentdeckte Oper „Die Passagierin“ bei den Bregenzer Festspielen 2010 wie eine Bombe einschlug und den Namen des bis dahin vergessenen Komponisten schlagartig wieder ins Bewusstsein rückte. Seine Violinsonaten aus den Jahre 1964, 1967 und 1979 zählen zu den kreativsten und technisch anspruchsvollsten Werken der Gattung im 20. Jahrhundert und haben mit ihrer Nähe zur Bach-Tradition auch einen Weltgeiger wie Gidon Kremer begeistert. Mit dieser Einspielung beim Kammermusikfestival Lockenhaus hat er sich wohl selber das schönste Präsent zu seinem 75. Geburtstag gemacht.

KÜNSTLER Marc Bouchkov, Violine, Claire Huangci, Klavier, Kammerorchester Basel

ALBUM Mendelssohn Werke für Violine und Klavier

LABEL BERLIN Classics/EDEL Kultur

Zwei in unserer Region bekannte junge Topinterpreten präsentieren sich auf diesem Album als Solisten in Mendelssohns selten gehörtem Doppelkonzert für Violine, Klavier und Streichorchester in d-Moll zusammen mit dem Kammerorchester Basel unter Howard Griffiths. Der Geiger Marc Bouchkov unterrichtet an der Musikakademie Liechtenstein und ist derzeit Konzertmeister des Streicherensembles „Esperanza“, das zuletzt vergangenen Herbst beim jungen Festival „alpenarte“ in Schwarzenberg aufhorchen ließ. Die amerikanische Pianistin Claire Huangci ist in den vergangenen Jahren immer wieder als Solistin in unserer Region aufgetreten, zusammen mit dem SOV, dem SOL oder in Solorecitals der Chopingesellschaft Feldkirch. Auch in dieser Einspielung inklusive zweier Mendelssohn-Sonaten als Encores stellen die beiden Solisten ihre überragende Virtuosität und Gestaltungskraft den Dienst eines gemeinsamen Musizierens.

KÜNSTLER Martin Lindenthal, Gesang und Piano

ALBUM Among the 30 ripples in a minor chord

LABEL Musikladen Feldkirch


Es zahlt sich aus, dieser Vor-Corona-Produktion des Vorarlberger Chorleiters, Musikpädagogen und Liedermachers Martin Lindenthal noch nachträglich die gebührende Beachtung zu schenken. Sie entstand im Juni 2019 auf dem hauseigenen Piano im Musikzimmer seiner Bregenzer Wohnung. Gerade diese Bescheidenheit der Mittel, der minimale Aufwand, das schlichte Cover machen den besonderen Reiz dieser Produktion aus. Die 21 fast durchwegs selbstgestrickten Songs, meist balladenartig, fügen sich zu einer Art Liederzyklus durch die Jahreszeiten, mit englischen Texten, die keiner deutschen Übersetzung bedürfen. Es sind Momentaufnahmen rasch hingeworfener Lyrik, für die Lindenthal poetische Bilder, Gedanken und Gefühle aus Alltag, Natur und Liebesgeplänkel gefunden hat. Die oft wie improvisiert wirkende Melodik und Harmonik atmen einen Hauch von Laissez-faire, Weltläufigkeit und den weit gespannten Horizont ihres Autors.

Musiktipps. Von Fritz Jurmann
Musiktipps. Von Fritz Jurmann
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