Ein Vorarlberger Restitutionsfall wirft Fragen auf

Objekte und Gemälde aus der ehemaligen Villa Wellenau wurden zurückerstattet. Depots sind nicht alle gesichtet.
Bregenz Im Zuge des Rechtsstreits um berühmte Klimt-Gemälde und deren Restitution vor knapp 20 Jahren wurde auch in Vorarlberg die Frage nach Raubkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus, die sich im Landesmuseum befinden könnte, virulent.
Damals hieß es, dass 1946 schon viele Objekte zurückerstattet wurden, sodass es sich lediglich um einige Gegenstände – darunter Porzellangefäße – handelt, deren Provenienz darauf schließen lässt, dass eine Restitution Thema werden könnte. Mittlerweile verhält sich die Sache etwas anders. Der Historiker Peter Melichar, den Tobias Natter aufgrund der Dringlichkeit der Thematik gleich nach seiner Bestellung zum Museumsdirektor im Jahr 2006 mit der Provenienzforschung betraute, war erst in den letzten Monaten maßgeblich an einem Kunstrückgabefall beteiligt.
Erwerbung aus “Feindvermögen”
Dabei handelt es sich, wie es aus dem Schreiben des seit 2011 von Andreas Rudigier geleiteten Vorarlberg Museum hervorgeht, um Teile aus dem Inventar der Villa Wellenau, auch bekannt als Villa Fairholme, in Lochau. Das mittlerweile abgerissene Gebäude war im Besitz von britischen Staatsangehörigen, die 1938 in die Schweiz übersiedelten. Das Inventar wurde in der Nazizeit als „Fremdvermögen“ zwangsverwaltet und teilweise versteigert. Dabei erwarb Adolf Hild, der damalige Leiter des Gaumuseums in Bregenz, einige Objekte sowie etwa 20 Gemälde und Zeichnungen.

Die Ausführungen, die Peter Melichar diesbezüglich im Gespräch mit den VN tätigt, sind interessant. Im Zuge seiner Nachfragen beim früheren Museumsdirektor Helmut Swozilek habe sich herausgestellt, dass dieser „keinen Handlungsbedarf“ sah, er habe den Vater der heutigen Empfänger der rückerstatteten Kunstwerke sogar gekannt und ab und zu mit ihm geplaudert. Melichar: „Ich schätze Herrn Swozilek sehr, aber mittlerweile hat ein Umdenken stattgefunden. Wir haben bei genauer Durchsicht aller Objekte, die zwischen 1933 und 1945 ins Haus gekommen sind, den Vermerk ,Erwerbung aus der Villa Wellenau‘ gefunden. Wenn man sich das aktenmäßig anschaut, kommt man darauf, dass das eine Beschlagnahmung von Feindvermögen ist.“ Der Beschluss zur Restitution sei daraufhin in den Gremien des Landes bzw. der Kulturhäuser Betriebsgesellschaft relativ rasch gefallen.
Ankauf eines Krcal-Gemäldes
Während die Rückerstattung der Kulturgüter – darunter auch Gemälde der Malerin Adèle Fairholme sowie ein Bildnis des Freiherrn von Pöllnitz und seiner Frau von Anton Boch d. Ä., das lange in der Landesbibliothek ausgestellt war – derzeit stattfindet, hat das Land ein Gemälde von Fritz Krcal aus dem Wellenau-Besitz angekauft. Dabei handelt es sich um das Bildnis „Adèle Fitzgibbon“ aus dem Jahr 1927.

Stellt sich die Frage, ob es noch weitere Kulturgüter in der Sammlung des Vorarlberg Museum gibt, die nicht inventarisiert sind oder deren Provenienz dringend zu klären ist. Die Eingangsinventare aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 seien abgeschlossen, erklärt Peter Melichar dazu. Bei allem, was später erworben wurde, sei die Provenienzforschung immer ein Thema, dass restitutionswürdige Gemälde oder hochwertige Kunstobjekte noch in der Sammlung sind, schließt der Historiker allerdings aus.
Gerade erst sind Theaterplakate aufgetaucht
Gleichzeitig berichtet er aber auch davon, dass erst jüngst in einem Schutzraum, den die Landesregierung auflösen möchte, alte Theaterplakate gefunden wurden. Solche Funde seien in Kellerräumen, die zum Depot gehören, immer wieder möglich.
Wenn man sich das aktenmäßig anschaut, kommt man darauf, dass das eine Beschlagnahmung von Feindvermögen ist.
Peter Melichar, Historiker
