So bunt und engagiert präsentiert sich Österreich bei der Biennale

Logischerweise erinnert hier viel an den Auftritt von Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl im Kunsthaus Bregenz.
Venedig „Ich möchte Menschen begeistern, so lassen sich politische Themen mittransportieren“, erklärte Jakob Lena Knebl bei ihrem letzten Auftritt in Bregenz. Das gilt noch. Das Gespräch fand damals inmitten einer Installation aus Eisschollen mit Polstermöbeln, die ins Bodenlose zu kippen drohten, statt.
Als Direktor Thomas D. Trummer nach dem ersten Pandemie-Lockdown im Jahr 2020 das gesamte Kunsthaus-Programm umplanen musste und das Künstlerinnen-Duo Knebl-Scheirl nach Bregenz lud, stand bereits fest, dass sie den Austria-Pavillon bei der Biennale in Venedig bespielen werden. Sie waren in der Lage, in nur wenigen Wochen das Kunsthaus Bregenz zu bewältigen und das, obwohl dies nach einer Arbeit für Lyon erst der zweite gemeinsame Auftritt war.

„Seasonal Greetings“ war die Ausstellung benannt, die von einer frostigen in eine warme Atmosphäre wechselte, die Unverfrorenheit der Politiker gegenüber Notleidenden ebenso griffig thematisierte wie Geschlechterrollen, die Identität oder das Triviale in der Kunst, das in einer Hexenszenerie gipfelte, die Scheirl auf die unbegrenzten Möglichkeiten dieser in der Kulturgeschichte verankerten Fantasiewesen bezog.

Es war zu erwarten, dass Jakob Lena Knebl (geb. 1970 in Baden) und Ashley Hans Scheirl (geb. 1956 in Salzburg) auch den Pavillon in Venedig zur Bühne machen. Von außen ist an der glatten Josef-Hoffmann-Architektur mit ihren Oberlichtfenstern nichts sichtbar. Wo Renate Bertlmann bei der letzten Biennale mit dem Schriftzug „Amo, ergo sum“ lockte, um dann als erste Künstlerin, die Österreich in der über hundertjährigen Geschichte dieser bedeutendsten Biennale vertreten durfte, viel von dem aufbot, womit sich Frauen über die Jahrzehnte im Kunstbetrieb durchsetzten, spekulieren Knebl und Scheirl mit der Neugier. Dass der Pavillon im hintersten Eck des Areals besucht wird, steht außer Frage, an Schönheit ist er nicht zu überbieten.


Es ist jene, die ohne Pathos auskommt, das in der Installation “Invitation of the Soft Machine and Her Angry Body Parts” auch dann nicht auftaucht, wenn die Besucherinnen ein üppiges Theatersetting umfängt, in dem von Macht bis Ökonomie, von Voyeurismus, Fetischismus sowie Rollenklischees vieles aufgeboten wird, was sich kunterbunten Bildern, in denen die beiden Künstlerinnen immer wieder selbst auftreten, bündeln lässt. Wer will, bemerkt, dass der eine Teil mit viel Malerei von Scheirl gestaltet wurde und der andere mit viel Design von Knebl.

Bei ihr stehen mehrere bunte Skulpturen im Zentrum. Dass die ebenso sichtbare Metallkonstruktion vom Centre Pompidou in Paris inspiriert ist, kann man herausfinden, muss es aber nicht, um sich dennoch in einer Welt zu befinden, die wie ein Abriss aus der Design-Geschichte wirkt und dabei so auf den Punkt gebracht wird, dass sich immer wieder die Frage stellt, welche Position die Betrachter einnehmen und wie sie sich Mechanismen widersetzen.

Eine überdimensionierte Stoffhand, eine Küche, ein Wohnzimmer und da wie dort immer wieder die Plateausohlen der 1970er-Jahre: Es war ein Jahrzehnt, in dem viel bewegt wurde, erklärt sie beim Rundgang. Die Menschen haben mehr Rechte erkämpft, erlebten aber auch Dystopien, die vergleichbar sind mit heute.
Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl setzen in ihrer Arbeit auf den niederschwelligen Zugang. Das Publikum dabei in den Malereien wie mit den Installationen mit so viel Witz, so vielen subtilen Statements zu Machtmechanismen und Konventionen, psychologischen und philosophischen Aspekten zu empfangen, gerät zu einem großen Theater in diesem Österreich-Pavillon in dem als große Plus Demokratie und Freiheit im Privaten wie grundsätzlich regelrecht und dazu noch lustvoll erfahrbar werden.
Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer ließ nicht unerwähnt, dass diese Errungenschaften mehr denn je in Gefahr sind. Es gelte nun bereits die Freiheit der Kunst und der Meinungsäußerung in vielen Teilen Europas wieder herzustellen.

Geöffnet vom 23. April bis 27. November: labiennale.org



