Alltagssprache ist noch stark mit der Geschichte der Folter behaftet

Kultur / 25.05.2022 • 22:06 Uhr

Graz Wenn es „um Kopf und Kragen“ geht, die „Daumenschrauben angezogen“ werden oder jemand „gepiesackt“ wird, verwenden wir Redewendungen, die auf Folter-, Straf- und Hinrichtungsmethoden zurückgehen. An der Uni Graz hat die Germanistin Gerlinde Gangl die verbale Darstellung alter Rechts­praktiken untersucht und festgestellt, dass sich heute noch viele Beispiele aus dem Hinrichtungsbereich in der deutschen Sprache finden lassen. Gangl hat mehr als 300 Belege für metaphorische Sprachverwendung aus dem Rechtsbereich analytisch aufgearbeitet und mit einer Fülle an rechtskundlichem Quellenmaterial angereichert. Die Auswertung ergab, dass die Mehrheit an besonders häufig verwendeten bildhaften Redewendungen von Exekutionsvarianten geprägt ist.

So macht heute ein Chef seinen Mitarbeiter „einen Kopf kürzer“, wenn dieser etwas gravierend vermasselt hat. In früheren Zeiten wurden solchen Personen oft auch diverse Utensilien „angehängt“, um sie dadurch öffentlich zu demütigen. Die Metapher „Tretmühle“ im Sinne einer unaufhörlichen öden Arbeit lässt sich laut den Erkenntnissen von Gangl auf eine extrem anstrengende Art der Arbeitsstrafe des Mittelalters und der Neuzeit zurückführen, wo verurteilte Personen eine Mühle in Bewegung setzen mussten.