So inspirierend kann ein Faltenwurf sein

Kultur / 01.06.2022 • 21:45 Uhr
Die Ausstellung umfasst Fotoarbeiten und Skulpturen. VN/Paulitsch
Die Ausstellung umfasst Fotoarbeiten und Skulpturen. VN/Paulitsch

Galerie Lisi Hämmerle präsentiert Werke der Vorarlberger Künstlerinnen Romana Hagyo und Silke Maier-Gamauf.

Bregenz Während nun Großinstitutionen wie auch das Kunsthistorische Museum in Wien allerlei Aktionen im Rahmen des „Pride Month“ setzen, der im Zeichen der Queeren Bewegung steht, greift eine kleine, aber bedeutende Einrichtung in Vorarlberg das Thema schon lange umfassend auf und präsentiert nun – terminlich wahrscheinlich nur zufällig – Arbeiten des Vorarlberger Künstlerinnen-Duos Romana Hagyo und Silke Maier-Gamauf. Es gibt einige Bezüge zu Werken, die konkret die Diskriminierung von Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben bzw. von Bi- und Transsexuellen thematisieren, in erster Linie hinterfragen die Künstlerinnen aber Geschlechterzuschreibungen. Und das mit voller Konsequenz.

Es war zu wünschen, dass die Arbeiten, die die Galeristin Lisi Hämmerle im vergangenen Herbst im Rahmen der Kunstmesse Parallel Vienna präsentierte, auch hierzulande zu sehen sind. Nun ist es so weit und wie erwartet erweist sich die Ausstellung mit Titel „Hering & Fluse“ in der Bregenzer Anton Schneider Straße auch nicht einfach als Übernahme jener Schau, die in Räumlichkeiten der ehemaligen Semmelweis-Klinik stattfand, wo sich die Parallel Vienna als gelungene Veranstaltung im Wiener Kunstmessen-Dschungel positionieren konnte. Romana Hagyo (geb. 1966 in Wien) und Silke Maier-Gamauf (geb. 1969 in Bludesch) haben mittlerweile eine lange Liste an Ausstellungen im In- und Ausland vorzuweisen. Seit einigen Jahren realisieren sie gemeinsam Projekte und sie absolvierten einen Stipendienaufenthalt in Litauen. Die dortigen, auch von der Weite einer unbewohnten Uferlandschaft beeinflussten Erfahrungen, haben ihre Auseinandersetzung mit dem Körper und allem was schützenswert ist, zusätzlich sensibilisiert.

Wälder Juppe

So sind ungemein poetische Fotoarbeiten und Installationen entstanden, in denen Gegenstände oder beispielsweise ein Büschel Moos menschlichen Körperteilen gleichgestellt werden. Damit das passieren kann, ist ein intensives Einarbeiten in ästhetische Wirkungen erforderlich, die jegliche Blendungen, mit denen wir in der alltäglichen Bilderflut konfrontiert werden, ausklammern. Dazu kommen Installationen, in denen Hagyo und Maier-Gamauf auf die Juppe der Bregenzerwälder Tracht Bezug nehmen und von Faltenwurf zu Faltenwurf die Hinterfragung der oft viel zu raschen Kategorisierung der Kleidung fordern. Von fabelhaften Wesen zu sprechen, greift zu kurz, wenn textile Skulpturen Formen von Körpern annehmen. Hier wird die Welt neu bewohnt. Ein inspirierender Gedanke. Übrigens: Im Titel „Hering & Fluse“ liegt auch Ironie. Während der Begriff Fluse sich auf die Verwendung von textilem Material bezieht, ist mit Hering der Meeresbewohner gemeint, andererseits war Silke Maier-Gamauf in Litauen auch stets damit konfrontiert, dass ihr Vorname in der Landessprache eben die Fischart bezeichnet.

Lisi Hämmerle mit Romana Hagyo und Silke Maier-Gamauf. vn/cd
Lisi Hämmerle mit Romana Hagyo und Silke Maier-Gamauf. vn/cd

Die Ausstellung “Hering & Fluse” in der Galerie Lisi Hämmerle in Bregenz (Anton Schneider Straße 4a) ist bis 1. Juli geöffnet, Mi bis Sa, 15 bis 19 Uhr.