Eine Wiederentdeckung

Kultur / 10.06.2022 • 17:18 Uhr

Liliana Amon wurde nicht nur von Schiele porträtiert und hat Werfel inspiriert, sie schrieb auch selbst.

Biografie Liliana „Bibiana“ Amon ist die nächste Autorin der 1920er-Jahre, die nach Jahrzehnten des Vergessens wieder ins Bewusstsein der literarischen Öffentlichkeit gerückt wird. 1892 in Linz geboren, war sie mit Anton Kuh verlobt und in Wiener Literatenkreisen bekannt, stand für Egon Schiele Modell, arbeitete in Berlin als Schauspielerin und emigrierte 1936 mit ihrem jüdischen Ehemann nach Paris, wo sie 1939 die französische Übersetzung ihres einzigen Romans „Barrières“ veröffentlichte. Ausgerechnet dieses Buch ist nur in der Übersetzung erhalten, weswegen sich der Publizist Walter Schübler bei seiner Spurensuche an die Rückübersetzung machen musste. Ständig im Zweifel, ob Stil und Ausdruck mehr einer freien französischen Übertragung oder doch dem Original entsprachen.

Auch sonst hatte der Publizist, der sich in früheren Arbeiten u.a. eingehend mit Anton Kuh beschäftigte, keine allzu umfangreichen Originalquellen zur Verfügung. Nur rund zwei Dutzend Briefe von Amon sind überliefert sowie die Gewissheit, dass sie nicht nur für zwei Figuren in Romanen von Franz Werfel und Karl Tschuppik Modell stand, sondern dass auch ihr eigener Roman sehr viel mit ihr zu tun hatte. „Nahe an ihrem eigenen Leben erzählt sie darin u. a. von sexuellem Missbrauch und dem Versuch, Rollenklischees zu durchbrechen.“ Wenngleich das biografische Bild am Ende doch bruchstückhaft bleibt, ist sich Schübler sicher: „Als Schriftstellerin ist sie eine Entdeckung.“

“Bibiana Amon”, Walter Schübler, Edition Atelier, 184 Seiten.