Unkonventionelle Krimis geben den Ton an
Detroit ist als Location sehr erfrischend, Dennis Lehanes Boston ist ein Dauerbrenner.
Romane Dennis Lehane hat sich zu einem passablen und gerne gesehen Gast in der deutschsprachigen Krimiwelt entwickelt. Entwickelt sage ich deshalb, da es vom Beginn an, 1994 mit „Ein letzter Drink“, bis heute doch ein breiter Weg ist. Boston ist das Revier des Autors, penible Beobachtungen und gelungene Personenbeschreibungen machen seine Krimis realistisch. In den Anfangsjahren setzte er die Zuneigung zwischen dem Ermittlerduo Kenzie & Gennaro reduziert ein, sie wuchs aber in der Serie an, auch verständlich, will man seine Leser doch bei der Stange halten, bis hin zum Cut: Angela Gennaro zog die Reißleine und packte ihre Koffer. Eines vielleicht noch: Dennis Lehane hatte zu Beginn seiner Karriere das große Glück, dass der amerikanische Präsident, seinerzeit Bill Clinton, mit einem Kenzie & Gennaro-Krimi in der Hand aus der Präsidentenmaschine stieg. Ein Klassiker, wie US-Präsidenten Autoren auf die Sprünge helfen. Die Auflage stieg rasant, der Autor wird es ihm nicht übelnehmen.
„Kalt wie dein Herz“, heißt der neue Roman Dennis Lehanes. Kenzie tut sich im Alleingang schwer. Glücklicherweise kommt ein Routineauftrag ins Haus, Karen Nichols wird von einem Stalker, Cody Falk, fertiggemacht. Kenzie nimmt Bubba mit, seinen Mann fürs Grobe, und gemeinsam richten sie Cody Falk so richtig schön her, dass dieser die Finger von ihrer Klientin lassen wird. Einige Monate später ist Kenzie gerade auf dem Sprung in den Urlaub, doch eine aufgelöste Karen Nichols meldet sich bei ihm mit der Bitte, sie unter einer Mobilnummer zurückzurufen. War es Schicksal, war es schlicht und ergreifend Planlosigkeit, der Privatdetektiv drückte die falsche Taste, das Gerät löschte die Nachricht. Später erfährt er, dass Karen von einem Wolkenkratzer in den Tod gesprungen ist. Kenzie fühlt sich, als sei er mit 180 gegen eine Betonwand gekracht. Er weiß, dass er ein Teil der Misere ist. Ihm ist klar, dass er nichts mehr tun kann, dennoch muss er. Die Frage ist nur wie oder was und überhaupt. Und schon ist man wieder im klassischen Krimi angelangt, es dreht sich alles um die Frage, warum Karen sterben musste. Der Autor macht sich auf die Suche und steht vor Karens zerbröseltem Leben. Je mehr er die falschen Abzweigungen nachverfolgt, desto mehr steigert sich das Gefühl, dass sie jemand dazu getrieben hat. Fazit: Ein gut geölter Krimi, der durch die Jahre mit Kenzie & Gennaro schon die größten Schlachten hinter sich hat, aber dennoch arbeitet Lehane an der Entwicklung der Figuren und er macht es einfach nach wie vor gut.
Böse Energien
Stephen Mack Jones macht mit „Princess Margarita illegal“ dem Tex-Mex-Krimi alle Ehre. Eine Leiche wird im Prinzessinenkleid im Detroit River angeschwemmt. Der zu Geld und so zur Unabhängigkeit gekommene Ex-Polizist August Snow nimmt sich des Falles an. Schon bald wird wegen Mord ermittelt, ein rassistischer Hintergrund emotionalisiert die Situation. Dazu leistet die Einwanderungsbehörde „saubere Arbeit“. Schön arbeitet der Autor hier die Community unter den Einwanderern heraus, die sich gut organisiert gegen das Verbrechen stellen will, doch auch hier gibt es eben große Meinungsunterschiede und schon passiert der zweite Mord.
Snow ist unter den Einwanderern aus Mittel- und Südamerika in der ehemaligen Motor City ein Held. Manchmal wird ein bisschen viel geschwafelt, aber für Tex-Mex-Krimifans und solche, die es noch werden wollen, ist „Princess Margarita illegal“ ein äußerst erfrischender Einstieg.