Schubertiade: Wir werden sie vermissen

Kultur / 28.08.2022 • 14:25 Uhr
Das Konzert der Emersons am Freitag auf ihrer Abschiedstournee im ausverkauften Angelika-Kauffmann-Saal stand unter ganz besonderen Vorzeichen. <span class="copyright">Schubertiade Gmbh </span>
Das Konzert der Emersons am Freitag auf ihrer Abschiedstournee im ausverkauften Angelika-Kauffmann-Saal stand unter ganz besonderen Vorzeichen. Schubertiade Gmbh

Das legendäre Emerson String Quartet verabschiedete sich unter Donner und Blitz mit Schubert.

SCHWARZENBERG. Über vier Jahrzehnte lang tourte das amerikanische Emserson String Quartett mit jeweils 90 Konzerten pro Saison als eines der erfolgreichsten Ensembles dieser Art durch die Lande, vom Publikum bejubelt, von Fachleuten mit Preisen für ihre 30 CDs überhäuft.

Seit 1986 sind sie führend bei der Schubertiade als Treffpunkt der weltbesten Streichquartette und dabei in hoher Qualität stets ihrem traditionellen Streichquartettstil mit einem hellen, silbrigen Klang verbunden, bei dem man nichts hält von der klanglichen Ruppigkeit und überzogenen Tempi der „Jungen Wilden“. Das Konzert der Emersons am Freitag auf ihrer Abschiedstournee im ausverkauften Angelika-Kauffmann-Saal stand ganz im Zeichen dieses Selbstbestimmungs-Merkmals und dazu noch unter ganz besonderen Vorzeichen.

Wo sonst kann man erleben, dass ein Quartett sich im ersten Teil seines Schubertprogramms solistisch präsentiert, als Violin-, bzw. Bratschenduo, und dass der begleitende Pianist ebenfalls aus den Reihen des Ensembles kommt. Es ist der Cellist Paul Watkins, der Jüngste im Quartett, der zwar nicht ganz der Qualität eines Konzertpianisten entspricht, aber mit Charme in dieser Funktion absolut gute Figur macht. Er streicht dabei im Dialog die spielerischen Qualitäten des zweiten Geigers Philip Setzer anhand von Schuberts Sonatine a-Moll ebenso heraus wie die des Bratschisten Lawrence Dutton, der mit herrlich aufgerautem Ton, sanglich und rhythmisch perfekt, seinem Instrument die „Arpeggione“-Sonate entlockt. Eine gehaltvolle, persönliche Einstimmung für die längst zu guten Freunden des Ensembles gewordenen Zuhörer. Im zweiten Teil dann die Stunde der Wahrheit mit dem kompletten Emerson String Quartet, zu dem sich nun sein langjähriger Primarius Eugene Drucker als Gründungsmitglied gesellt. Die vier weißhaarigen Herren schreiben sich sinnigerweise mit Schuberts letztem Quartett G-Dur (1826) ihren Fans in Erinnerung. Dieser Abschied des Komponisten von der Gattung ist ein seltsam zerklüftetes Werk, mit vielen Widersprüchen und Konflikten behaftet. Es gerät an Grenzen der Form, des Ausdrucks, erinnert in seiner Schroffheit an Beethovens zeitgleich entstandenes letztes Quartett und nimmt in den vielen winzigen Figuren genau genommen sogar die Minimal Music vorweg. Die Musiker nehmen die ungeheure Dramatik dieses 50-minütigen Werkes wörtlich, in höchster Konzentration zwischen Fahlheit und Wildheit, wie man es sich nur wünschen kann. Punktgenau dazu entlädt sich über Schwarzenberg ein Ungewitter, wie das zu Schuberts Zeiten geheißen hat. Standing Ovations und eine Träne in Knopfloch zu diesem endgültigen Abschied. Wir werden sie vermissen, die Emersons.

Fritz Jurmann