Der Maler und sein Schatten

Lorenz Helfer präsentiert seine neuesten Arbeiten in der Arche Noah/Sammlung Kunst und Natur in Hohenems.
Hohenems Als der Maler ging durchs Tal, er und sein Schatten, er ging im Schatten, dem eigenen und dem fremden; er ging so weit, bis Körper und Schatten einerlei waren. Nichts konnte sie mehr trennen. Es war auch unerheblich, ob Körper oder Schatten, sie verschmolzen …

In der Ausstellung „YUCA“ (der Name eines Hundes), gezeigt in dem herrlichen Ambiente der Arche Noah/Hohenems, eine Serie, die 50 Arbeiten umfasst, geht es, um profan zu sprechen, um Spiegelungen, Reflexionen, Schatten, um Schärfe und Unschärfe, um Farbauftrag, ob lasierend transparent oder pastos. Es geht um Tiefe. Um Genauigkeiten und Ungenauigkeiten. Sagte nicht einmal Richard Bösch, dass Kunst die „genaueste Ungenauigkeit“ sei. Darauf angesprochen, meinte Lorenz Helfer, dass Kunst „vor allem viel, viel Arbeit“ sei. „Das Schauen ist das Entscheidendste in der Malerei, es beansprucht die meiste Zeit“, so Lorenz Helfer.
„Der Pinsel“, schrieb Tao Chi, der große chinesische Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts, „ist dazu da, Dinge vor dem Chaos zu retten.” Es ist die Zusammenarbeit, die gegenseitige Abhängigkeit von Gesehenem und Sehendem. Dem eigentlichen Verfahren dieser stillen Kunst von Lorenz Helfer, die alles Bewegte anhält, kann man sich nicht anders nähern.
Was wie eine Schöpfung wirkt, ist ein Prozess, in dem das vom Maler Empfangene eine Form findet. In Lorenz Helfers Arbeiten findet man eine genuin malerische Haltung, eine Malerei, die das Dargestellte enthüllt, der erzählende Bildcharakter wird aufgelöst, der malerische Bildcharakter bildet die Klimax.

Lucky Luke, der liebenswerte Cowboy des gleichnamigen Comics von Morris De Bevere, der schneller zieht als sein Schatten, könnte in einer Hinsicht Lorenz Helfers Bilder Pate gestanden haben.
Helfer malt „schneller“ als die Vorstellung, die Imago. Er läuft der Imago davon, er lässt sich nicht von Bildern, Wörtern, Vorstellungen einholen. Und schon gar nicht von Bildtiteln oder Künstlersignaturen. Die Arbeiten Helfers beginnen nicht mit einer Idee, sie beginnen mit einer Empfänglichkeit.
Es ist die Illusion der Moderne, und die Metamoderne konnte daran nichts ändern, dass der Künstler ein Schöpfer ist. Eher ist er ein Empfänger. Was wie eine Schöpfung wirkt, ist ein Prozess, in dem das vom Künstler Empfangene eine Form findet.
Tao Chi – um ihn noch einmal zu zitieren – schrieb: „Malen ist das Ergebnis der Empfänglichkeit der Farbe: Die Farbe öffnet sich dem Pinsel; der Pinsel öffnet sich der Hand; die Hand öffnet sich dem Herzen“ – und reziprok, das Herz öffnet sich der Hand, die Hand öffnet sich dem Pinsel, der Pinsel öffnet sich der Farbe: alles entsteht im Empfangen! Und Lorenz Helfer ist ein begnadeter Empfänger.
Thomas Schiretz