Philharmoniker ehren Strauss-Brüder

Christian Thielemann dirigiert das Neujahrskonzert 2024.
Wien Mit einem schmissigen Walzer und einer Polka von Eduard und Josef Strauss haben die Wiener Philharmoniker am Sonntag das neue Jahr begrüßt. Der Chefdirigent des Cleveland Orchestra, Franz Welser-Möst (62), stand am Dirigentenpult und ließ seinen Blick beim ersten Applaus sichtlich erfreut über die eng besetzten Reihen im Saal des Musikvereins in Wien schweifen.
Nach einem Konzert ohne Publikum im ersten Corona-Jahr und eingeschränkter Besucherzahl zum Jahresauftakt 2022 waren die Reihen wieder voll besetzt.

Die Wiener Philharmoniker spielten vor einem weltweiten Publikum auf: Zum einen hatten 1700 Gäste im Losverfahren eines der bis zu 1200 Euro teuren Tickets im Saal ergattert. Zum anderen wurde das Konzert live in rund 100 Länder übertragen, darunter Japan und die USA. Im Mittelpunkt standen die Brüder des “Donauwalzer”-Komponisten Johann Strauss, Josef und Eduard. Johann dürfte 2025 im Mittelpunkt stehen: Dann jährt sich sein Geburtstag zum 200. Mal.

Für das kommende Neujahrskonzert wurde mit Christian Thielemann ein Dirigent verpflichtet, der damit bereits Erfahrung hat. 2019 führte der mittlerweile 63-jährige Deutsche bereits durch einen Neujahrsvormittag im Wiener Musikverein. Auch sonst haben die Philharmoniker bereits viel gemeinsam mit dem Wagner-Experten und noch bis 2024 amtierenden Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle Dresden zusammengearbeitet. “Mit Christian Thielemann verbindet uns eine tiefe künstlerische Partnerschaft vor allem im symphonischen Bereich. Er zählt zu den philharmonischen Dirigenten, die dem Orchester besonders nahestehen”, begründete am Sonntag Orchester-Vorstand Daniel Froschauer in einer Aussendung die Wahl des Maestros für das kommende Jahr.

Die Karriere des am 1. April 1959 geborenen Thielemann begann an der Deutschen Oper Berlin, wo er später, von 1997 bis 2004, auch als Generalmusikdirektor tätig sein sollte. 1985 wurde er Erster Kapellmeister an der Rheinoper und trat 1988 als jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands in Nürnberg an, wo ihm mit Wagners “Tristan” der endgültige Durchbruch gelang.
Eigentlich beginnt die Geschichte des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker 1939 – an einem Silvestertag – mit einem “Außerordentlichen Konzert” unter Clemens Krauss im Großen Musikvereinssaal. Das erste Konzert an einem Neujahrstag folgte dann am 1. Jänner 1941, erneut unter Krauss’ Leitung, der bis 1945 zu Neujahr wienerisch aufspielte. 1946 und 1947 leitete dann zwischenzeitlich Josef Krips die Neujahrskonzerte, wobei 1946 die Veranstaltung – bis dahin unter “Johann-Strauß-Konzert” oder “Philharmonische Akademie” firmierend – erstmals offiziell Neujahrskonzert hieß. Clemens Krauss übernahm dann nach Aufhebung eines im Zuge der Entnazifizierung verhängten Auftrittverbots ab 1948 bis zu seinem Tod 1954 wieder die Konzerte.
Nach der Ära Krauss und einigen Kalamitäten in der Nachfolgeregelung wählte man schließlich die salomonische Lösung, Willi Boskovsky, den ersten Konzertmeister, als Stehgeiger einzusetzen und auf einen Dirigenten zu verzichten. So begann 1955 eine 25-jährige Erfolgsgeschichte. Erst als Boskovsky nach 1979 krankheitshalber auf die Leitung verzichten musste, griff man wieder zur Variante mit einem Dirigenten. Lorin Maazel übernahm als designierter Direktor der Staatsoper die Leitung des Neujahrskonzerts 1980, die er durchgehend bis 1986 innehatte und dann wieder 1994, 1996, 1999 und 2005. Nach der Auftaktära Maazel wechselten die Maestros zwar häufiger, dennoch finden sich auch hier zwei Veteranen des Events: Riccardo Muti setzte sich hier mit seinem Einsatz 2021 an die Spitze.
Der italienische Maestro führte die Philharmoniker bis dato sechs Mal durch den Neujahrsvormittag, während sein indischer Kollege Zubin Mehta auf fünf Einsätze kommt.
Aus dieser Perspektive ist der nun für 2024 designierte Christian Thielemann, der sein Neujahrskonzertdebüt 2019 feierte, mit seinem zweiten Einsatz kommendes Jahr praktisch noch ein Frischling.
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