Dieser „Zaunkönig“ bleibt ein lahmer Vogel

Auch im Sound-Design von F. B. Huber hinterlässt das Grimm-Märchen einen zwiespältigen Eindruck.
LUSTENAU Etwas ganz Spezielles hat sich das Kulturreferat der Gemeinde Lustenau für sein aktuelles Abonnementkonzert am Donnerstag im Reichshofsaal ausgedacht. Man wollte das 1840 entstandene Grimm-Märchen „Der Zaunkönig“ aus dem Geist unserer Zeit heraus neu deuten, mit Rezitator, mit Illustrationen und vor allem einem von der Sinfonietta Vorarlberg samt Klaviersolisten umgesetzten orchestralen Sound-Design, das sich der 29-jährige Bregenzer Komponist Felix Bernhard Huber dazu ausgedacht hatte.

Es lag vor allem an den deutlichen Schwächen dieser musikalischen Zwangsbeglückung, dass alles zusammen einen beliebigen, belanglosen und unfertigen Eindruck hinterließ und beim Publikum mit einem heftigen, aber kurzen Applaus auch nicht wirklich angekommen ist. Dabei hatte man in Kenntnis von Hubers begeistert aufgenommenem CD-Erstling vor zwei Jahren mit dem in eine spannende Filmmusik verpackten Märchen „Rumpel“ große Hoffnungen auf eine Fortsetzung oder gar Steigerung seiner Arbeit gesetzt. Doch dieser „Zaunkönig“, als erwartbarer Höhepunkt ans Ende des Programms gesetzt, blieb eine halbe Stunde lang ein lahmer Vogel, die Enttäuschung groß.

Huber besitzt als Arrangeur zwar ein geschicktes Händchen, geht sicher mit dem 20-köpfigen Orchester um, doch seine Musik, seine Motive und deren Verarbeitung sind großteils geschickt verwendete Stilkopien, beliebig zusammengesuchtes illustratives Allgemeingut, Massenware. Da schaut ein schwacher Aufguss von „Peter und der Wolf“ ums Eck, da lässt Mozart grüßen mit Klaviervariationen, denen Yunus Kaya in weiten solistischen Passagen brillant Gestalt gibt. Schostakowitsch meint man zu erkennen und anderes, bloß kein eigenes Profil, über das man diesen Felix Bernhard Huber als Komponisten hätte identifizieren können. Und das ist letztlich einfach zu wenig, ergibt keinen Mehrwert.

Daran kann auch die bewährte Erzählkunst Michael Köhlmeiers nichts ändern, der in seiner verknappten eigenen Textfassung dem kleinen Vogel mit der großen Stimme wie der beteiligten Tierwelt ihre liebenswerten kleinen menschlichen Schwächen zuordnet. Auch nicht die wirklich besondere, verblüffende Kunst des in seinen Moderationen verhaltensoriginellen oberösterreichischen Illustrators Anton Schmid und die wirklich herausragende Leistung der Sinfonietta Vorarlberg.

Diesem hoch qualifizierten Ensemble ist es auch zu danken, dass zumindest die übrigen Bestandteile dieses Konzertes ein beeindruckendes Format erhalten. Da steht am Beginn die stets zauberhafte Streicherserenade von Dvořák, deren Zwitschern in den Violinen man fast als Einstimmung auf den folgenden „Zaunkönig“ hätte deuten können. Das wird ebenso ganz ohne Dirigenten unter Anleitung des wendigen Konzertmeisters Harald Winkler unglaublich kompakt, in ausgewogener Balance und differenzierter Dynamik musiziert wie das folgende Adagio aus einem Streichquintett von Bruckner.
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Für den Glanzpunkt im Programm sorgt der Götzner Trompeter Jürgen Ellensohn, pädagogisch und solistisch international tätig, dem der auch als Trompeter ausgebildete Komponist Huber ein eigens für diesen Abend konzipiertes Konzert auf den Leib geschrieben hat. Ellensohn setzt dabei vor allem auf seiner Piccolo-Trompete die Kaskaden virtuos und glasklar in die staubtrockene Akustik des Saales. Und hier „glaubt“ man Huber seine Musik auch, wie er sie in den vier den jeweiligen Städten zugeordneten Sätzen in Zitaten wirklich großen Meistern abgelauscht hat, hier aber in durchaus eigenpersönlicher Verarbeitung.
Fritz Jurmann
Nächstes Lustenauer Abo-Konzert im Reichshofsaal: 4. April, 20 Uhr – Gershwin Piano Quartet
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