Michael Endes „Momo“ wird 50 Jahre alt

Kultur / 22.08.2023 • 12:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Michael Endes „Momo“ – ein zeitloser Klassiker wird 50 und feiert dies mit einem Bilderbuch. <span class="copyright"> Thienemann Verlag</span>
Michael Endes „Momo“ – ein zeitloser Klassiker wird 50 und feiert dies mit einem Bilderbuch. Thienemann Verlag

Der zeitlose Klassiker feiert Jubiläum mit zauberhaftem Bilderbuch.

Stuttgart Vor 50 Jahren, am 1. September 1973, erschien Michael Endes märchenhafter Roman “Momo. Oder die seltsame Geschichte von den Zeitdieben und dem Kind, das den Menschen die Zeit zurückbrachte”. Der Thienemann Verlag würdigt das 50-jährige Jubiläum mit einem zauberhaften Bilderbuch.

Momo lehrt die Kunst der Achtsamkeit. <span class="copyright"> Thienemann Verlag</span>
Momo lehrt die Kunst der Achtsamkeit. Thienemann Verlag

“Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen”, schrieb Michael Ende einst über seine Protagonistin Momo, deren zeitlose Botschaft uns bis heute berührt. Momo ist eine außergewöhnliche Figur mit einer besonderen Gabe: Sie kann zuhören, die Fantasie beflügeln und den Blick auf das Wesentliche lenken. In einer Welt, die oft von Hektik und Zeitdruck geprägt ist, ist Momo reich an Zeit und lehrt uns die Kunst der Achtsamkeit. Ihre außergewöhnliche Fähigkeit zuzuhören steht im Mittelpunkt eines Bilderbuchs, das anlässlich des 50. Geburtstags von “Momo” am 28. Juli erschienen ist.

"Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen". <span class="copyright"> Thienemann Verlag</span>
"Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen". Thienemann Verlag

Die Geschichte wurde von dem Schriftsteller und Lyriker Uwe-Michael Gutzschhahn behutsam kuratiert und enthält Originalpassagen aus Endes Roman. Die Schweizer Illustratorin Simona Ceccarelli hat die Geschichte in eine einzigartige, fantastische Bilderwelt verwandelt.

Das Buch wurde von Uwe-Michael Gutzschhahn behutsam kuratiert.    <span class="copyright"> Thienemann Verlag</span>
Das Buch wurde von Uwe-Michael Gutzschhahn behutsam kuratiert. Thienemann Verlag

“Momo” war in gewisser Weise visionär und hat auch nach fünf Jahrzehnten nichts von seiner Aktualität verloren. Obwohl sich der Autor nie als politischer Schriftsteller verstand, kritisierte er mit diesem Werk das herrschende Wirtschaftssystem und eine Gesellschaftskultur, die auf Rationalität, Nützlichkeit und ständiges Wachstum ausgerichtet ist. Dabei spielt das Thema “Zeit” eine zentrale Rolle in seinem Roman, der als Märchen getarnt eine zeitlose Gesellschaftskritik präsentiert, für die oft die richtigen Worte fehlen.
“Momo” ist neben “Jim Knopf” und “Die unendliche Geschichte” eines der bekanntesten Bücher von Michael Ende und hat auch international große Bedeutung erlangt. In der kürzlich von der BBC veröffentlichten Top 100-Liste der besten Kinderbücher aller Zeiten wurde “Momo” von einer internationalen Jury auf den beeindruckenden Platz 43 gewählt und ist damit das erste deutsche Kinderbuch in diesem Ranking. Das Buch wurde in 49 Sprachen übersetzt und weltweit fast 13 Millionen Mal verkauft. Es wurde 1986 verfilmt und 2003 als Zeichentrickserie adaptiert.

Plastik „Momo“ von Ulrike Enders in Hannover am Michael-Ende-Platz.  <span class="copyright">Wikipedia/Christian A. Schroeder</span>
Plastik „Momo“ von Ulrike Enders in Hannover am Michael-Ende-Platz. Wikipedia/Christian A. Schroeder

1997 sprach Michael Ende über eine zentrale Schwierigkeit, die ihm beim Schreiben Kopfzerbrechen bereitete: „Ich hatte fast alle einzelnen Szenen aus der Momo schon fertig. Ich hatte die Figuren, ich hatte auch schon einzelne Kapitel geschrieben, konnte das Buch aber sechs Jahre nicht fertig schreiben, weil mir eine einzige Regel noch fehlte. Die Frage hieß ganz einfach: ‚Wenn die Zeitdiebe, die Grauen Herren, allen Menschen ihre Zeit stehlen können, warum können sie sie der Momo nicht stehlen? Eines Morgens beim Frühstück sagte ich plötzlich zu meiner Frau: ‚Jetzt hab‘ ich es!‘ Ganz einfach: Zeit stehlen kann man nur demjenigen, der Zeit spart, denn jemand, durch den die Zeit sozusagen immer hindurchfließt, der seine Zeit nicht festzuhalten versucht, der hat ja gar keine, die man ihm stehlen kann, da ist nichts zu stehlen. Damit war die Idee der Zeitsparkasse geboren, und auf einmal funktionierte die ganze Geschichte von vorn bis hinten“.

Kassiopeia. Holzskulptur in Northeim.  <span class="copyright">Wikipedia</span>
Kassiopeia. Holzskulptur in Northeim. Wikipedia

“Momo” erhielt zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, darunter den Deutschen Jugendbuchpreis im Jahr 1974. Die Romanfigur Momo symbolisiert seit 1996 als Preisstatue den renommierten Deutschen Jugendliteraturpreis und erinnert uns an Michael Endes Plädoyer für freie, unverplante Zeit, die in der heutigen Gesellschaft ebenso wichtig ist wie damals.
Die Bilderbuchpremiere feiert ein zentrales Motiv der weltberühmten Erzählung: das Geheimnis des Zuhörens und der Aufmerksamkeit. Momo hat eine Gabe: Sie kann auf ganz besondere Weise zuhören. Sie hört den Menschen in der Stadt zu, den Kindern, ja sogar den Tieren und dem Wind in den Bäumen. Wenn Momo ihrem Freund Gigi zuhört, kommen ihr die unglaublichsten Geschichten in den Sinn. Und Beppo, der Straßenkehrer, der sonst eher schweigsam ist, findet bei ihr die richtigen Worte und kann seine Weisheit teilen: Einen Weg, der unendlich lang erscheint, kann man nur Schritt für Schritt gehen.