Der Tod steht uns gut

Kultur / 12.09.2023 • 20:08 Uhr
An der Herstellung der Shirts waren Schüler der Freien Montessori Schule Altach beteiligt.Kunsthalle Fro/Christian Schramm
An der Herstellung der Shirts waren Schüler der Freien Montessori Schule Altach beteiligt.Kunsthalle Fro/Christian Schramm

Finissage von „Rote Liste“ in der Kunsthalle FRO als kleine Abriss-Party.

Dornbirn Das Nacktbrustkänguru? Ausgestorben. Die Weihnachtsinsel-Spitzmaus? Auch ausgestorben. Der Jamaika-Affe? Schon lange ausgestorben. Der Große Panda? Bedroht. Der Riesenotter? Sogar stark bedroht. Es sieht nicht gut aus. Diese Aufzählung, auch Rote Liste genannt, wird täglich länger, wird täglich roter.

Sich mit dem Thema Artensterben auseinanderzusetzen, kann oftmals in der zu Recht belehrenden Gestik des warnenden Zeigefingers, gepaart mit der Mimik des drohenden Blicks, enden. Der Ansatz der Künstlerin Viktoria Tremmel (1972 in Schwarzach geboren, lebt in Wien), welche derzeit die Kunsthalle FRO im ORF-Funkhaus in Dornbirn mit ihrer Rauminstallation „Rote Liste“ bespielt, ist da ein eher ein optischer sowie zu einem gewissen Grad ein haptischer. Das Rund des Foyers hat sie mit einer zylindrischen Skulptur aus Hunderten Siebdruck-T-Shirts verhangen. Diese sind einerseits (vorne) mit abstrahierten Zeichnungen diverser Tierarten, andererseits (hinten) mit dem entsprechenden Vermerk „Am Aussterben“, „Bedroht“ oder „Ausgestorben“ bedruckt.

„Arte Povera“ und Popkultur

Die Arbeit vom Tremmel hat sowohl einen kunsthistorischen (man schlage „Arte Povera“ im Brockhaus nach) als auch einen popkulturellen Hintergrund. „Wir sind Statisten, das Leben eine Traumrolle, wir haben eine Meinung auf 100 Prozent Baumwolle,“ dröhnte es zu Beginn der Nullerjahre aus den Jugendzimmern des deutschsprachigen Raums („Generation T“ der Hamburger Hip-Hop-Gruppe Eins Zwo, 2001).

Bereits 1939 erkannte man das Potenzial des T-Shirts als Werbeträger, als zur Premiere des Films „Der Zauberer von Oz“ eben jenes Textil speziell bedruckt wurde. Wenn man heute in eine beliebige Menschenmasse blickt, ist die Chance groß, dass ein hoher Prozentteil der Probanden entweder für die Marke eines Schneiders, eine Musikgruppe oder noch besser: einen Lifestyle wirbt. Touché, Modebranche!

Finissage mit Mehrwert

Diesen Samstag, 16. September, wird Dr. Klaus Zimmermann (inatura) in der Kunsthalle FRO zur Finissage um 11 Uhr über bedrohte Tierarten referieren. Welche Gestik und Mimik er wählen wird, ist noch offen. Spoiler-Alarm: Es könnte mahnend werden.

Anschließend wird Viktoria Tremmel die Installation abbauen und die T-Shirts den Besuchern gegen einen Obolus veräußern. Da es viele T-Shirts sind, das Ganze ergo in Arbeit ausartet, dauert die Aktion bis 18 Uhr. Wer also künftig ein textiles Statement setzen will, der sollte sich diesen Termin im Kalender notieren und gleich rot anstreichen. Es trägt sich eben besser, wenn man dazu steht. VN-HF