Willi und Mozart – eine Begegnung

Arpeggione vermittelte eine faszinierende Begegnung zweier gegensätzlicher Klangwelten.
Hohenems Es fehlen nur wenige Tage im Kalender, dann wäre Herbert Willi (geb. 7.1.1956) am 200. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart (geb. 27.1.1756) zur Welt gekommen. Eine Zahlenspielerei freilich nur, aber doch auch Anlass für den inzwischen weltweit bekannten Montafoner Komponisten, diese gedachte geistig-musikalische Verbindung in Töne umzusetzen. Das daraus entstandene Werk bildete am Samstag im ausverkauften Rittersaal des Palastes den Aufmacher für ein umjubeltes Abo-Konzert des Kammerorchesters Arpeggione.
Willi erhielt 2006, zur Feier von Mozarts 250. Geburtstag, von Herbert von Karajan den Auftrag, das Fragment des Mozart-Streichtrios G-Dur, KV 562e, in einem eigenen Werk als Reflexion zu verarbeiten. In der Urfassung in Triobesetzung wurde die vierteilige, nach der griechischen Mythologie mit „Kairos im Kronos“ benannte Komposition damals in Wien uraufgeführt. Für die „Camerata Prima la Musica“, das Jugend-Kammerorchester der Wiener Philharmoniker, schrieb Willi im Vorjahr eine erweiterte Fassung, in der er nur den zweiten Satz mit dem originalen Mozartfragment den drei Solisten überlässt, die übrigen drei Sätze aber für Streichorchester erweitert hat. In dieser Form erlebte man nun die Vorarlberger Erstaufführung.
Kompetent und einfühlsam
Es ist ein Qualitätsmerkmal für ein Orchester, wenn die Solisten des Abends aus den eigenen Reihen kommen, so wie diesmal mit dem langjährigen französischen Konzertmeister Alexandre Dimcevski und den beiden bewährten Stimmführern Haruka Nagao, Viola, und Endre Balog, Violoncello. Sie gestalten duftig kammermusikalisch das am Schluss offenbleibende Mozartfragment an zweiter Stelle, während die übrigen drei Sätze den Musikern von Arpeggione anvertraut sind, die sich auch in Neuer Musik, von Intendant Irakli Gogibedaschwili gerne im Programm untergemischt, als erstaunlich kompetent und einfühlsam erweisen. Angeleitet werden sie diesmal wieder durch den aus Kanada eingeflogenen armenischen Dirigenten Nurhan Arman, ein ausgefuchster Kapellmeister der alten Schule, der über das rein Handwerkliche hinaus auch sehr viel Sorgfalt auf Klang und Differenzierung legt. Er entschlüsselt auch Willis spannendes Werk voller Rätsel, mit dem ersten Satz der versteckten Geburtsdaten, dem dritten mit dem jazzigen „Puls der Zeit“ und dem vierten, in Willis typischer Handschrift, als „Musik ohne Zeit“, die ebenfalls offenbleibt. Der anwesende Komponist kann beglückt die Zustimmung des verständnisvollen Publikums entgegennehmen.
„Sinfonia Concertante“
Kein anderes Musikstück wäre nach Willis vorsichtiger Annäherung passender als ein originaler Mozart, der darin den Dialog zweier Solisten mit dem Orchester zum zentralen Inhalt gemacht hat. Es ist die berühmte „Sinfonia Concertante“, eines seiner Meisterwerke, bei dem der Konzertmeister und die Cellistin sich als Solisten von internationalem Format profilieren, überlegen in ihrer Virtuosität, traumverloren im Liebesduett des zweiten Satzes. Kein Wunder, wenn man weiß, dass die beiden jung verheiratet sind und in wenigen Monaten ihr erstes Kind erwarten. Zum Blumenstrauß gibt es deshalb für Haruka Nagao noch ein Baby-Hemdchen . . .
Zum Ausbund an russischer Schwermut und Leidenschaft von unglaublicher klanglicher Intensität gerät schließlich die wunderbare Streicherserenade C-Dur von Tschaikowsky, die auch den Titel des Programms „Serenata, Serenata“ erklärt.
Der elegante Walzer als geläufigster Teil daraus wird als zweite Zugabe wiederholt. Da wächst nun Arpeggione unter dem kundigen Nurhan Arman an einem der besten Abende seiner Geschichte noch einmal über sich selbst hinaus. Auch die Zuhörer finden: Das war große Klasse! JU
