Jura Soyfers „Sturmzeit“ in Hohenems

Kultur / 06.10.2023 • 18:24 Uhr
Michael Köhlmeier, Sabina Hank und Reinhold Bilgeri sind maßgebliche Proponenten des Projekts über Jura Soyfer. Jüdisches Museum (2)
Michael Köhlmeier, Sabina Hank und Reinhold Bilgeri sind maßgebliche Proponenten des Projekts über Jura Soyfer. Jüdisches Museum (2)

Performance zu Ehren eines Aktivisten und hellsichtigen Dichters.

Hohenems Am 3. und 4. November wird in Hohenems eine besondere Performance die Geschichte und das Werk des leidenschaftlichen Aktivisten und visionären Dichters Jura Soyfer zu einem fesselnden literarisch-musikalischen Gesamtkunstwerk verbinden, präsentiert von Sabina Hank und Michael Köhl­meier, begleitet von den Musikern Tini Kainrath und Reinhold Bilgeri. Michael Köhlmeier wird auf seine unnachahmliche Weise die Lebensgeschichte dieses bemerkenswerten Schriftstellers und politischen Aktivisten erzählen.

Soyfer zeigte bereits in seiner frühen Kindheit eine Leidenschaft für Literatur und Theater. Als seine Familie nach Wien umzog, entwickelte er ein starkes Interesse für die sozialen Herausforderungen seiner Epoche. In den 1930er Jahren engagierte sich Soyfer als Autor für verschiedene sozialistische Zeitschriften und wurde Mitglied von linksgerichteten politischen Gruppen. In diesem Umfeld verfasste und inszenierte er eine Fülle von satirischen Theaterstücken und Gedichten, die sich scharfsinnig mit den sozialen Ungerechtigkeiten und politischen Konflikten seiner Zeit auseinandersetzten.

Weltuntergang

Soyfer nutzte das Theater, um die soziale Ungerechtigkeit und die Hoffnungslosigkeit der Menschen inmitten der wirtschaftlichen Depression der 1930er Jahre anzuprangern. In seinen Gedichten und Kabarettstücken hatte er immer wieder vor dem „Weltuntergang“ des heraufziehenden Faschismus gewarnt. Am 12. März 1938, am Tag des sogenannten „Anschlusses“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland, entschieden sich Jura Soyfer und sein Freund Hugo Ebner aufgrund der gefährlichen politischen Lage, Wien zu verlassen. Ihr Hauptproblem war Soyfers fehlender gültiger Pass. Die Lösung schien die Flucht über die Vorarlberger Berge in die Schweiz und von dort weiter nach Paris zu sein. Ihr Ziel war das Schlappiner Joch, doch ihr Plan wurde von einer Gendarmeriepatrouille in Gargellen durchkreuzt. Unter den Gendarmen befand sich ein Nazi-Anhänger, der sie festnehmen ließ. Nach der Verhaftung in Gargellen wurden Soyfer und Ebner nach St. Gallenkirch gebracht, wo sie eine Nacht im Gemeindekotter verbrachten. Am 14. März wurden sie in das Gefängnis Bludenz überstellt, nach zwei Tagen jedoch ins Gerichtsgefängnis Feldkirch überstellt und der Gestapo übergeben.

Schließlich kamen sie im Frühjahr 1938 nach Innsbruck und im Juni 1938 ins Konzentrationslager Dachau, wo Jura Soyfer nach der Musik von Herbert Zipper das  „Dachau-Lied“ textete, bevor sie im September in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt wurden. Soyfer infizierte sich bei der Arbeit im Leichenträgerkommando mit Typhus und starb in der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 1939, bereits im Besitz von Auswanderungspapieren in die USA.

Migrationsbewegungen

Anlässlich des 125-jährigen Firmenjubiläums ist die Hohenemser Firma Collini maßgeblich an der Projektentwicklung von „Sturmzeit“ beteiligt: „In der Geschichte von Jura Soyfer spiegeln sich viele Facetten wider, die unser Unternehmen bis heute prägen. Unser Firmengründer Damian Collini musste einst aus dem Trentino auswandern. Auch damals wurde Einwanderern hierzulande kein roter Teppich ausgerollt. Im Rückblick wird deutlich: Collini hat von den Migrationsbewegungen der letzten Jahrzehnte profitiert. Mehr noch: Die Vielfalt der Menschen hat den Erfolg des Unternehmens erst möglich gemacht“, ist CEO Günther Reis überzeugt. VN-ama

Jura Soyfer und sein Jugendfreund Hugo Ebner.
Jura Soyfer und sein Jugendfreund Hugo Ebner.