Musiktipps. Von Fritz Jurmann

KÜNSTLER Jonas Kaufmann,
Tenor
ALBUM The Sound Of Movies
LABEL SONY classical
„The Sound Of Movies“ – es ist im Moment in unseren Breiten das wohl meistdiskutierte und -bewunderte Album der Unterhaltungsbranche. Nichts anderes war zu erwarten gewesen, wenn einer der größten Tenöre unserer Zeit, wie der Münchner Jonas Kaufmann, seine unglaublich variable Sangeskunst an internationalen Filmhits erprobt. In Summe ergibt das Hollywood-Klangeindrücke von oft opernnaher Dramatik und Emotionalität eines Puccini oder Richard Strauss, um mit Robert Schneider zu sprechen: Wirkliche Hörwunder, zu denen man keinen Film mehr braucht. Die Auswahl aus Blockbustern zwischen 1929 und 2012 ist mit gutem Geschmack und feinem Gespür für die tenorale Exzellenz Kaufmanns abgemischt. Routiniert wirkt er bei Edelschnulzen wie „Edelweiß“ (mit Gitarre) oder dem Teenie-Kultsong „Reality“ aus „La Boum“, dagegen hat man Tonys Liebeslied „Maria“ aus Bernsteins „West Side Story“ noch niemals inniger gehört als hier.
KÜNSTLER Maria Duenas, Violine, Wiener Symphoniker, Dir. Manfred Honeck
ALBUM Beethoven and beyond
LABEL DG (2 CDs)
Wenn Beethovens einziges Violinkonzert in D-Dur irgendwo auf der Welt erklingt, hebt unter Musikfreunden das große Rätselraten an, von wem denn nun wohl die Kadenz des 1. Satzes stammt. Das ist jener Teil, in dem der Solist kurz vor Ende über die verwendeten Themen scheinbar improvisiert und dabei auch seine Virtuosität beweisen kann. Musiker machen sich gern den Spaß, die originalen Kadenzen, die Beethoven dem Werk mitgegeben hat, durch eine der vielen Varianten zu ersetzen, die es davon in der Literatur gibt. Der Vorarlberger Dirigent Manfred Honeck und die Wiener Symphoniker sind nun das Abenteuer eingegangen, mit der experimentierfreudigen spanischen Geigerin Maria Duenas in einem Doppelalbum neben dem Original auch fünf alternative Kadenzen sowie weitere kurze Violinstücke von Spohr, Ysaye, Saint-Saens, Wieniawski und Kreisler aufzulisten. Eine nicht nur musikgeschichtlich originelle, mitreißende Idee.
KÜNSTLER Benjamin Appl, Bariton, Münchner Rundfunkorchester, Dir. Oscar Jockel
ALBUM Schubertlieder mit Orchester
LABEL BR Klassik/NAXOS
Das ist stets eine Sache vor allem des Geschmacks, wenn man heute Schuberts Lieder mit einem orchestralen Gewand umgibt und sie dadurch zu unnatürlicher Größe aufbläht. Schubert hat nicht umsonst vor allem das Klavier als originales Begleitinstrument gewählt. Der deutsche Bariton Benjamin Appl, viele Jahre als geschätzter Liedgestalter bei der Schubertiade, kennt solche Vorbehalte nicht. Im Gegenteil, er liebt die Fantasie, mit der nachkommende Komponisten den oft schlichten Klavierpart der Schubertlieder individuell in orchestrale Farben tauchten. Da sind in dieser Sammlung von 23 Gesängen durchaus auch prominente Namen dabei, wie Brahms, Webern, Reger oder Britten, die mit ihrer eigenen Handschrift in der Begleitung Schuberts Melodien neu beleuchten. Es bleibt, wie gesagt, eine Frage des Geschmacks, über der sich die Interpretationskunst Benjamin Appls in ihrer Gestaltungskraft uneingeschränkt erhebt.
KÜNSTLER Kompositionen von Thomas Larcher
ALBUM The Living Mountain
LABEL ECM New Series
Seit der Uraufführung seiner Oper „Das Jagdgewehr“ 2018 gibt es eine Bindung zwischen Thomas Larcher und den Bregenzer Festspielen. Das Label ECM des Produzenten Manfred Eicher präsentiert nun die vierte CD mit Ersteinspielungen dreier kontrastierender Werke Larchers. „The Living Mountain“ , basierend auf den Memoiren der Dichterin Nan Shepherd, entsteht aus bizarren Landschaften und erloschenen Träumen, „Ouroboros“, die Schlange der Ewigkeit, ist ein kraftvolles Stück für Cello und Kammerorchester, „Unerzählt“ ein augenzwinkernder Liederzyklus für Bariton und Klavier. Andrè Schuen, der auch bei Larchers Oper in Bregenz eine führende Rolle gespielt hat, führt die Aphorismen des Schriftstellers W. G. Sebald als Textvorlagen zu bizarrer Schönheit.


