Gewissen der Menschheit

Nachdem es in der Welt ziemlich düster aussieht, ein Blick in die Zukunft nicht erfreulich sein kann, möchte ich mich zum Ende des Jahres mit schönen und interessanten Dingen der Kunst beschäftigen. Denn Kunst ist immerhin, wenn man Friedrich Hebbel, dem deutschen Dramatiker, trauen kann, „das Gewissen der Menschheit“. Und dieses Gewissen scheint mir ja in der Gegenwart – außer der Kunst – nicht besonders ausgeprägt.
„Und dieses Gewissen scheint mir ja in der Gegenwart – außer der Kunst – nicht besonders ausgeprägt.“
Also bleiben wir bei der Kunst, konkret bei ganz besonderen Publikationen jüngster Zeit. Den Anfang machen wir mit der hier schon vorgestellten Monographie zum Bizauer Bildhauer Herbert Meusburger (Residenz Verlag), der im vergangenen Jänner verstorben ist. Ein Prachtband, wie schon beschrieben, der dem bedeutenden Künstler durchaus gerecht wird. Und wenn man des Foto Betrachtens müde wird, dann kann man ins Restaurant „Guth“ in Lauterach und dort elf wichtige Werke im Original betrachten. In der Galerie Maximilian Hutz waren sowohl Meusburger als auch Lois Anvidalfarei im vergangenen Frühling und schon früher im Art House in Bregenz zu sehen. Anvidalfarei hat nun einen Bildband vorgelegt (Folio Verlag), der – wie seine Arbeit – seinesgleichen sucht. Im Buch ist ein Gespräch mit Architekt Peter Zumthor (Kunsthaus Bregenz) abgedruckt, in dem Zumthor von „Körperlichkeit und Materialität“ spricht. Das trifft ziemlich genau die Skulpturen, in denen sich eine Kraft zeigt, die mächtig und subtil zugleich ist. Anvidalfarei hat in Wien bei Joannis Avramidis, einem Kollegen des vor zwei Jahren verstorbenen großen Vorarlberger Bildhauers Herbert Albrecht, studiert, sich dann aber seinen ganz eigenen künstlerischen Weg gesucht, der ihn bis an die Spitze der heutigen Bildhauerei geführt hat.
Ein dritter Bildband, herausgegeben von Gregor Koller m Eigenverlag, bringt 18 Künstlerinnen und Künstler, die – im wahren Sinn des Wortes – ihre Spuren in Lech am Arlberg hinterlassen haben. Koller hat sie alle dazu gebracht, etwas mit der Landschaft am Arlberg im Sommer oder/und Winter zu inszenieren. Das ist in diesem Buch festgehalten und es ist unglaublich, welchen Variantenreichtum die Künstlerinnen und Künstler der Landschaft entlockt haben. Dass Michael Manhart von den Schiliften Egg maßgeblicher Unterstützer war, ohne den das Projekt nicht möglich gewesen wäre, sei nicht verschwiegen.
Gottfried Bechtold hat sich mit seiner Unterschrift nicht nur im Schnee am Arlberg „verewigt“, sondern auch in dem eben erschienen, von der Stadt Bregenz herausgegebenen Buch „G. Bechtold 22“ (Bucher Verlag). Den Anfang machte die Signierung des Staudamms beim Silvrettasee vor mehr als zwanzig Jahren, ein „Spiel mit der Duchamp’schen Idee des Ready-mades“, wie Gerald Matt im Katalog meint. Viele Signaturen folgten, vor allem jene auf der Taurus-Lokomotive im Jahr 2022, viele lagen dazwischen. Das Buch gibt einen spannenden Überblick – irgendwie also auch über „das Gewissen der Menschheit“.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.