„Poor Things“: ein feministischer Frankenstein-Spaß

Kultur / 17.01.2024 • 08:00 Uhr
Mit „Poor Things“ hat sich Lanthimos auch dank einer herausragenden Performance von Emma Stone erneut selbst übertroffen. <span class="copyright">ap</span>
Mit „Poor Things“ hat sich Lanthimos auch dank einer herausragenden Performance von Emma Stone erneut selbst übertroffen. ap

Griechischer Kultregisseur liefert mit herausragender Emma Stone einen humorvollen wie skurrilen Kinofilm.

Drama Yorgos Lanthimos hat sich mit Filmen wie „The Lobster“ oder „The Favourite“ längst eine Fangemeinschaft erarbeitet. Mit seinem neuesten Werk „Poor Things“ etabliert sich der Grieche aber wohl endgültig als Kultregisseur. Gemeinsam mit der famosen Emma Stone liefert er einen an Frankenstein gemahnenden Film, der mit einer satten Portion schwarzen Humors leichtfüßig von Feminismus, sexueller Selbstbestimmung oder auch den Grenzen der Wissenschaft erzählt.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.

Der Suizid einer hochschwangeren jungen Frau markiert nicht das Ende, sondern in diesem Fall den Beginn der Erzählung. Denn auf diesem Weg findet das Hirn des Ungeborenen in den Kopf der toten Mutter. Freilich nicht ohne das Zutun des Wissenschaftlers Dr. Godwin Baxter (Willem Dafoe), der kurz nach dem Suizid eine Operation vornimmt und so Bella Baxter (Emma Stone) kreiert.

Als „Poor Things“ mit Emma Stone Premiere feierte, passierte genau das: Einhellig lobten Kritik und Publikum die Komödie als fantasievoll-feministischen Geniestreich.  <span class="copyright">ap</span>
Als „Poor Things“ mit Emma Stone Premiere feierte, passierte genau das: Einhellig lobten Kritik und Publikum die Komödie als fantasievoll-feministischen Geniestreich. ap

Bella, mit dem Hirn eines Säuglings und dem Körper einer erwachsenen Frau ausgestattet, stakst noch etwas ungelenk durch das große Haus, in dem auch Experimente wie Gans-Hunde oder Schweine-Hühner wohnen. Sie spricht, wie ein kleines Kind nun mal spricht, lernt aber unter den Augen des von ihr kurz „God“ genannten Wissenschaftlers und seines Assistenten schnell. Nicht zuletzt, weil unbändige Neugier sie antreibt. Diese lässt sie nicht nur die Freuden der Sexualität entdecken, sondern sich auch fragen, was außerhalb der eigenen vier Wände so auf sie warten könnte.

Emma Stone legt eine brillante Performance hin. <span class="copyright">ap </span>
Emma Stone legt eine brillante Performance hin. ap

Ihre faszinierende Art, gepaart mit ungehemmter sexueller Lust, sind schließlich auch ihr Ticket für eine abenteuerliche Reise durch mehrere Länder. Denn der Anwalt und schmierige Frauenheld Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo) wird auf sie aufmerksam und macht sich, restlos von Bella begeistert, mit ihr auf nach Lissabon. Dort angelangt, stellt er rasch fest, dass sich Bella nicht nur mit ihm alleine zufriedengeben will. Die Eifersucht brodelt, und ein wilder wie skurriler Ritt beginnt.

Willem Dafoe spielt Dr. Godwin Baxter. <span class="copyright">ap</span>
Willem Dafoe spielt Dr. Godwin Baxter. ap

„Poor Things“ lässt in eine artifizielle Welt voller bunter Kostüme, alternativer Verkehrsmittel und spannender Musikinstrumente eintauchen. Der phasenweise Einsatz einer Fischaugenoptik wie auch seltsame Farbgebung verstärken zusätzlich das Gefühl, in ein Aquarium mit faszinierenden Pflanzen und Wesen zu blicken.

„Poor Things“ lässt in eine artifizielle Welt voller bunter Kostüme, alternativer Verkehrsmittel und spannender Musikinstrumente eintauchen. <span class="copyright">ap</span>
„Poor Things“ lässt in eine artifizielle Welt voller bunter Kostüme, alternativer Verkehrsmittel und spannender Musikinstrumente eintauchen. ap

Neben dem großen Schauwert punktet der Film aber speziell mit der skurrilen Handlung, die trotz viel Humor und nackter Haut nie ins Banale abzudriften droht. Lanthimos verpackt ernste Themen wie geistige und sexuelle Selbstbestimmung, der die Klauen des Patriarchats und gesellschaftliche Konventionen im Wege stehen, oder auch die Grenzen der Wissenschaft spielerisch leicht in einen fesselnden, auch schmerzhafte Episoden nicht aussparenden Selbstfindungstrip.

Herausragende Performance

Es ist unschwer zu diagnostizieren: Mit „Poor Things“ hat sich Lanthimos auch dank einer herausragenden Performance von Emma Stone erneut selbst übertroffen. Den Goldenen Löwen für den besten Film bei den Filmfestspielen von Venedig hat der Grieche schon im Sack. Weitere Auszeichnungen wären keine Überraschung. Zweifellos eines der Filmhighlights des Jahres.

Poor Things

Regie: Yórgos Lánthimos

Mit: Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe, Ramy Youssef, Hanna Schygulla

Start: 18. Jänner