Das sagen Vorarlberger zur Haut-Versteigerung von Flatz: “Kunst darf alles”

Aktionskünstler Wolfgang Flatz sorgt erneut für Aufsehen: Der gebürtige Vorarlberger versteigert seine Tattoos samt Haut posthum bei Christie’s. Die Aktion stößt auf gemischte Reaktionen.
Darum geht’s:
- Der Vorarlberger Aktionskünstler Wolfgang Flatz versteigert seine Tattoos posthum als Kunstwerke.
- Die Tattoos sollen nach seinem Tod ausgeschnitten und präpariert werden.
- Von den VN befragte Passanten sehen die Aktion überwiegend positiv und sehen sie als künstlerische Freiheit.
Fotos und Video: Matthias Rauch
Bregenz Die Ankündigung sorgte international für Schlagzeilen: Der aus Dornbirn stammende Aktionskünstler Wolfgang Flatz versteigert seine Tattoos – mit Haut und Haaren. Der Wahlmünchner will, dass seine Tattoos nach seinem Tod als Kunstwerke weiter existieren.
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Aus diesem Grund versteigert der gebürtige Vorarlberger Stücke seiner eigenen Haut beim Londoner Auktionshaus Christie’s. Wenn der 71-Jährige einmal stirbt, sollen die 13 Tattoos – von antiken Griechisch-Sinnsprüchen bis hin zu Yakuza-Symbolen – ausgeschnitten, präpariert und hinter Glas präsentiert werden.

Für die Aktion mit dem Titel “To Risk One’s Own Skin” hat der Künstler sein Testament geändert und dafür auch seinen Körper versichert. Das Projekt, das die Grenzen zwischen Körperkunst, Sterblichkeit und Kunstnachlass auslotet, bietet zahlreiche Diskussionspunkte.

Die VN hörten sich in Bregenz um, was Vorarlbergerinnen und Vorarlberger von der Aktion halten. “Ich würde selbst nicht mitmachen bei der Aktion, aber ich bin der Meinung: Kunst darf alles”, sagt Autor Amos Postner.

“Ich glaube, dass das unter künstlerische Freiheit fällt und er das Recht hat, mit seinem Körper das zu tun, was er will. Wenn er diese Haut versteigert, ist es, als würde er ein Kunstwerk versteigern”, kann Judith Reichart, Leiterin der Abteilung Kulturservice in Bregenz, die Gründe für die Aktion nachvollziehen.

Ähnlich sieht es Fotografin Angela Lamprecht: “Ich bin der Meinung, dass jeder mit seinem eigenen Körper machen soll, was er will – von dem her: wieso nicht?”
Mahandra Schmitt würde zwar nicht mitbieten, zeigt sich von dem Vorhaben ebenfalls überzeugt: “Ich habe auf jeden Fall Verständnis dafür, ich bin selbst Künstler. Ich finde es eine tolle Sache.” Ähnlich sieht es Nico Raschner, Schauspieler am Vorarlberger Landestheater: “Kunst darf das.”

Philipp Egger vom Gasthof Seehof fühlt sich von der Aktion an ein dunkles Kapitel der Geschichte erinnert: “Ich musste an die Nazis denken, die in den Konzentrationslagern Lampenschirme aus Menschenhaut hatten.”

Gleichzeitig zur Benefizaktion am Donnerstagabend (8. Februar) in der Münchner Pinakothek wurde eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München eröffnet. “Flatz. Something Wrong with Physical Sculpture” zeigt bis zum 5. Mai 2024 Performances, Skulpturen und multimediale Rauminstallationen des 71-jährigen Wahlmünchners – und eine lebensgroße Puppe von Flatz, nackt bis auf die vielen Tätowierungen.

Provokante Kunstaktionen
Flatz sorgte in den vergangenen 50 Jahren mit seinen provokanten Kunstaktionen für Gesprächsstoff. 1974 setzte sich Flatz zum Beispiel bei einer Modenschau in Graz mit verbundenen Augen in die erste Reihe, wenn die anderen klatschten, stieg er in den Applaus ein und verließ danach mit seinen immer noch verbundenen Augen den Saal. Er posierte auch als nackte menschliche Dartscheibe und ließ sich 15 Minuten von einem männlichen Darsteller auf offener Straße ohrfeigen, bis eine Zuschauerin die Aktion abbrach. 1990 hängte er sich an einem Seil von der Decke einer zerstörten Synagoge.
Bis 5. Mai 2024 läuft die Flatz-Ausstellung in der Sammlung Moderne Kunst; Eröffnung mit Auktion und Musik von Flatz, Gutbrod und DJ Hell am 8. Februar 2024 ab 19 Uhr.