“Mischung aus Vorfreude und Anspannung” – Die Bergung der Säntis steht bevor

Kultur / 25.02.2024 • 14:00 Uhr
Die Vorbereitungen für die Bergung der Säntis laufen auf Hochtouren. VN/Paulitsch

Im März soll das Jahrhundertprojekt in die Tat umgesetzt werden.

Romanshorn Jetzt wird es ernst: “Wir sind mittendrin, es wird an allen Ecken und Enden gearbeitet”, schildert Silvan Paganini. Er ist Präsident des Schiffsbergevereins. Der Verein hat sich vor knapp einem Jahr gegründet, um das 1933 absichtlich versenkte Dampfschiff “Säntis” vom Grund des Bodensees an die Oberfläche zu holen. Ein Jahrhundertprojekt. Die Vorbereitungen für die Bergung gehen in die finale Phase. Ab dem 18. März soll tatsächlich damit begonnen werden.

Das Dampfschiff war 1933 absichtlich versenkt worden. Paganini

“Es ist eine Mischung aus Vorfreude und Anspannung”, sagt Paganini. Seit zwei Wochen gibt es auch die offizielle Genehmigung, die von rund zehn Behörden abgesegnet wurde. Vor allem Umweltaspekte hatten für Bedenken gesorgt. Doch der Schiffsbergeverein wies nach, dass der Seegrund um das Wrack frei von Schwermetallen und Kohlenwasserstoffen ist und die Treibstofftanks des Wracks nur mit Seewasser gefüllt sind. Paganini und Co. hatten die Genehmigung im vorauseilenden Gehorsam eingeholt. Da es sich um ein internationales Gewässer mit nicht klar geregelten Grenzen handelt, ist unklar, ob es die Bewilligung überhaupt braucht.

Großes Risiko trotz großem Aufwand

Vorbereitungen zur Bergung der Säntis Im März soll die Säntis, ein vor 90 Jahren im Bodensee versenktes Dampfschiff, geborgen werden. Wir besuchen die Vorbereitungen und sprechen mit Initiator Silvan Paganini.
Silvan Paganini ist Leiter Schifffahrt und Nautik bei der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt. VN/Paulitsch

In der Werft in Romanshorn (Schweiz) steht bis Ende des Monats noch ein anderes Schiff. Dann ist Platz für die Säntis. Paganini öffnet ein Tor zu einer Lagerhalle. Hier sind Hebesäcke, Stahlseile, Schläuche und vieles mehr untergebracht. Zudem liegen daneben die zwei Teile des Kamins, die bereits im vergangenen Sommer ans Tageslicht geholt wurden. Daraus hat das Team wichtige Erkenntnisse in Bezug auf Konservierung und die Zusammenarbeit untereinander gezogen. Auch an den eigens konstruierten Bergepontons wird noch gefeilt. Der Aufwand ist enorm – und dennoch ist das Risiko groß.

Der Kamin der Säntis ist bereits an Land und konserviert. VN/Paulitsch

Dass die Bergung auch klappt, ist nicht garantiert. “Das ist der Reiz an dem Projekt. Es kann jederzeit etwas schiefgehen”, sagt Paganini. Die Herausforderung ist, dass die Aktion mit dem geringstmöglichen Etat auskommen muss. Alternativpläne wären sicherer, aber eben auch teurer gewesen. Und allein die rund 200.000 Schweizer Franken, die über ein Crowdfunding gesammelt wurden und nun zur Verfügung stehen, zu bekommen, war ein großer Kraftakt.

Für die Bergung braucht es eine Menge Material. VN/Paulitsch

Daher freuen sich die Schiffsberger weiterhin über Spenden. “Je mehr Geld wir haben, umso besser können wir das Schiff anschließend konservieren”, erklärt Paganini. Aktuell ist nur das Minimum an Konservierung vorgesehen. Zudem sei die Bergung aufgrund komplexer Konstellationen etwas teurer geworden.

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Und so sieht der Plan aus: Ab Anfang März werden die Stahlbauten der Bergeplattform zusammengeschweißt, ab 18. März ist das Projektteam dann täglich im Einsatz. Dann soll das Wrack vom Grund des Sees aus rund 210 Metern Tiefe angehoben werden. Dafür werden die Hebeleinen unter dem Schiff durchgespült und mit den Führungsleinen an der Bergeplattform eingehakt. Diese wird abgelassen und die Hebesäcke kommen ins Spiel.

Vorbereitungen zur Bergung der Säntis Im März soll die Säntis, ein vor 90 Jahren im Bodensee versenktes Dampfschiff, geborgen werden. Wir besuchen die Vorbereitungen und sprechen mit Initiator Silvan Paganini.
Die Stahlträger werden an der Bergeplattform befestigt. Sie halten später die Hebeleinen. VN/Paulitsch

Dann kommt der kritischste Moment. Denn, wenn das Wrack vom Boden angehoben wird, ist es, wie einen Pfropfen zu lösen. “Wir haben berechnet, wie schwer das Vakuum ist”, erklärt Paganini. “Es wäre nicht gut, wenn es sehr viel schwerer wäre. Es wäre aber auch nicht gut, wenn es viel leichter wäre. Jetzt hoffen wir einfach, unsere Berechnungen sind korrekt.”

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Die Hebesäcke für die Bergung wurden extra aus China angeschafft. VN/Paulitsch

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Anschließend kommen die Bergepontons, zwei 70-Liter-Tanks, zum Einsatz und bringen das Wrack mit sieben Zentimetern pro Sekunde Richtung Tageslicht. “Je langsamer, umso besser.” Unter Wasser wird das Schiff nach Romanshorn gebracht und kurz vor dem Hafen in etwa zwölf Metern Tiefe abgesetzt, damit die Bergeplattform wieder abgebaut werden kann. Mit speziell gefertigten Stahlseilgurten und den Hebesäcken wird dann die finale Bergung angegangen. Und das Wrack kommt etwa einen Monat nach Beginn der Bergung in die Werft.

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Auch wenn die Bergung nicht klappen sollte, wertet Paganini das Projekt dennoch als Erfolg. “Dass wir es überhaupt versuchen, ist schon das Ziel”, sagt er. “Wir machen eine Schiffsbergung, weil wir denken, das ist eine gute Sache.” Der Höhepunkt wird also, wenn nicht mehr nur geredet, sondern angepackt wird. Zudem haben sich auf dem Weg bis dorthin bereits mehrere Innovationen entwickelt. Die Bergepontons, das Spülsystem, das Einhaksystem und die geflochtenen Stahlseilgurte, die als Hebeleinen dienen, sind für Paganini alle patentierwürdig.

Vorbereitungen zur Bergung der Säntis Im März soll die Säntis, ein vor 90 Jahren im Bodensee versenktes Dampfschiff, geborgen werden. Wir besuchen die Vorbereitungen und sprechen mit Initiator Silvan Paganini.
Die geflochteten Stahlseilgurte sind eine der Innovationen. VN/Paulitsch

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Bis zum 20. April soll das Schiff in der Werft sein – wenn das Wetter mitspielt. Dann ist in Romanshorn nämlich Hafenfest und die Säntis könnte auf einen Schlag Tausenden Besuchern präsentiert werden. Anschließend werden viele Freiwillige gesucht, die beim Konservieren des Dampfschiffs mithelfen. Über die Internetseite des Vereins kann man sich melden. “Erstes Ziel ist es, das Schiff schwimmfähig zu machen”, sagt Paganini. Nur dann könne es den für zwei Jahre reservierten Liegeplatz einnehmen. Wie es anschließend mit der Säntis weitergeht, möchte der Präsident noch nicht verraten. “Es gibt mehrere Optionen”, verrät er. Doch bis es so weit ist, muss das Schiff erst mal an die Oberfläche.

Vorbereitungen zur Bergung der Säntis Im März soll die Säntis, ein vor 90 Jahren im Bodensee versenktes Dampfschiff, geborgen werden. Wir besuchen die Vorbereitungen und sprechen mit Initiator Silvan Paganini.
Der Schiffsbergeverein hofft weiter auf finanzielle Unterstützung. VN/Paulitsch