Salterio – das unbekannte Instrument

Concerto Stella Matutina ging mit Solistin Franziska Fleischanderl der Sache auf den Grund.
GÖTZIS Vermutlich hatten die meisten Besucher, die am Freitag die Kulturbühne AmBach bis auf den letzten Platz füllten, noch nie etwas vom Instrument „Salterio“ gehört, das zur Saisoneröffnung im Mittelpunkt der Konzertreihe des Barockorchesters Concerto Stella Matutina stand. Da half auch der doch etwas weit hergeholte Begriff „Sphärenklänge“ als Motto des Abends nicht weiter, viel eher die launigen Moderationen, die der musikalische Leiter Thomas Platzgummer mit der herausragenden Solistin des Abends führte. Die Linzerin Franziska Fleischanderl ist in der internationalen Alte-Musik-Szene heute eine Klasse für sich und auch die Einzige, die sich die Beherrschung dieses Instruments so verblüffend perfekt angeeignet hat.

Da hilft die Bezeichnung des in der Volksmusik geläufigen Hackbretts weiter, wenn man das damit in dieser Konzertreihe zum ersten Mal vorgestellte Salterio näher beschreiben möchte. Fleischanderl war längst als Virtuosin auf dem Hackbrett bekannt, als ihr vor neun Jahren ein originales Salterio des römischen Instrumentenbauers und Erfinders Michele Barbi von 1725 in die Hände fiel. Sie revolutionierte damit grundlegend die bisherige Aufführungspraxis auf diesem Instrument und wurde zu einer Pionierin des „barocken Hackbretts“.

Sie beherrscht heute mit ebenso viel Körperspannung wie Lockerheit, mit Treffsicherheit und hoher Musikalität die historischen Spieltechniken des Instruments mit den bekannten Hämmerchen, deren Art der Bespannung den Klang entscheidend verändert. Sie spielt aber auch mit den Fingern, genauer mit langen Fingernägeln, und erreicht damit eine Art Pizzicato-Effekt, der an die Zither erinnert.

Da das Salterio ein eher leises Instrument ist, hat man klugerweise auch die Besetzung des begleitenden Barockorchesters reduziert, es sind gerade ein Dutzend Streicher plus Continuo auf der Bühne. Bläser haben diesmal Pause, sie würden die schwebenden Klänge des Salterio übertönen. Da das Instrument bei allem Können der Interpretin doch über ein nur begrenztes Klangspektrum und Volumen verfügt, die sich bei längerem Zuhören doch etwas abnutzen, variiert man die Begleitung, um in interessanten klangliche Abstufungen oder solistischen Einlagen die Sache am Köcheln zu halten.

So dominiert Thomas Platzgummer als Cellist in einer Triosonate des den Abend dominierenden venezianischen Vielschreibers Antonio Vivaldi in einer gekonnten Einlage, kommt ein Andante Vivaldis nach der Pause nur im zarten reizvollen Duo des Salterio mit dem Lautenisten Thor-Harald Johnson aus, das folgende Concerto da camera mit dem brillanten Konzertmeister David Drabek und einem vierköpfigen Continuo. Wobei es auch hier immer wieder „zur Sache geht“, in höllischem Tempo zwar, aber halt im Piano.
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Das finale Concerto e-Moll, wieder von Vivaldi, bringt dann als langsamen Mittelteil einen jener Sätze, die mit gezupfter Geigenbegleitung in der Stimmung frappant an den „Winter“ aus seinen „Jahreszeiten“ erinnern. Das ist eine jener Melodien, die einen nicht mehr loslassen und bis ins Schlafgemach begleiten. Der Jubel der treuen Anhängerschaft ist groß.
FRITZ JURMANN
Abo-Konzert Concerto Stella Matutina, 19. und 20. April, jeweils 19.30 Uhr
Kulturbühne AmBach Götzis: „Sophie Charlottes Musenhof“