Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt

Kultur / 14.04.2024 • 14:35 Uhr
Theaterpremiere Café Fuerte
In der Tenne Kirchenbühl 193 feierte Tobias Fends Stück „Sonntag – Sieben Bilder wider den Fleiß“ Premiere. Nadine Schütz

Das Theater Café Fuerte feierte Premiere mit dem Stück „Sonntag – Sieben Bilder wider den Fleiß“ in Hittisau.

Thomas Schiretz

Hittisau Vor allem seit das Frauenmuseum seine Pforten im Jahr 2000 öffnete, kann man in Hittisau in einer gewissen Weise durchaus von einem für die Gemeinde spürbaren „Bilbao-Effekt“ sprechen. Namhafte Architekten wie Cukrowicz Nachbauer, Hermann Kaufmann, Christian Lenz, Bernardo Bader u. a., die Hauben gekrönten Gasthäuser sowie ausgezeichnetes Handwerk (Verarbeitung von Metall, Holz, Kork) trugen zu einer gezielten Aufwertung des Ortes bei. Aber auch solche einmaligen Veranstaltungsorte wie die Tenne Kirchenbühl 193, wo die Premiere zu Tobias Fends Stück „Sonntag – Sieben Bilder wider den Fleiß“ stattfand, sind ein Glücksfall.

Theaterpremiere Café Fuerte
John Kendall, Tobias Fend, Gregor Weisgerber und frisch gepresster Orangensaft: so geht man die Arbeit an. Nadine Schütz

Schon 1982 gelang der deutschen Band Geier Sturzflug mit ihrem Nummer 1 Hit „Bruttosozialprodukt“ eine ironische Abrechnung mit der Arbeitsmoral der Deutschen sowie eine humorvolle bisweilen auch zynische Ballade über das Arbeitsethos. Fend hat sich „Bruttosozialprodukt“ zu Herzen genommen. In sieben Bildern erzählt er launig, ironisch, manchmal auch zynisch, mit dem einen oder anderen unvermeidlichen Seitenhieb, vom ganz normalen „Arbeitswahnsinn“. „Work at all – raus aus deinem Overall, das Ruhende nur Missgunst weckt.“

Cafe Fuerte Theaterpremiere
En miniature wird auf dem Tisch eine Waldschlägerung aufgebaut, giftgrüne Fichten, ein Miniatur-Harvester, Holzstämme, dunkles Sägemehl etc. TSH

Wie auf einer mittelalterlichen Simultanbühne werden einzelne Segmente der Arbeitswelt beleuchtet, ob als herrlich humorvoll gestaltete „Büroschlafchoreografie“, eine Sesselakrobatik vom Feinsten, bei der sich die wunderbaren Schauspieler Johanna Köster, John Kendall, Gregor Weisgerber und Tobias Fend auf ihren Bürosesseln vor lauter Nichtstun anöden, gähnen, räkeln, sich in immer noch groteskeren Körperverrenkungen verlieren, oder Johanna Köster über die sinnvolle Arbeit der Müllmänner, „die modernen Cowboys – sie schaffen Leere (die damaligen Cowboys trieben unzählige Rinderherden durch die Prärie)“, schwadroniert, denn ihre Arbeit als Büroangestellte ist offensichtlich sinnentleert. In einem weiteren Bild richtet sie als Miss Okinawa ihrem Untergebenen Mr. Tao „die Wadln vire“ und schickt ihn in ein „Hamsterrad“, mit nahezu letalen Folgen für Herrn Tao. So kurz mal wird über das Arbeitsethos in der Antike sinniert: „auch auf der Galeere konnte man ausruhen, wenn es nichts zu rudern gab“ (auf einer Galeere ruderten im Gegensatz zur landläufigen Meinung immer nur Freie, keine Sklaven, in der Neuzeit waren es Sträflinge, Ben Hur lässt grüßen).

Handwerk hat goldenen Boden

„Was kann man alles mit den Händen machen“, ein weiteres Tableau, Handwerk hat im Gegensatz zur Büroarbeit sprichwörtlich goldenen Boden, am Ende des Tages weiß „working class people“, dass er etwas Sinnvolles verrichtet hat, im Gegensatz zum „sesselfurzenden“ Bürohengst; auch die Tierwelt wird bemüht: „animals don’t need hands, they do not work“, ein vernachlässigbarer Kalauer. Allerdings ist der „Held der Arbeit“ auch nicht mehr zu einer schweißtreibenden Tenniseinlage von seinem Freund und Nachbarn zu überreden, denn sein Herzblut liegt vielmehr in der Errichtung einer Windkraftanlage im häuslichen Garten. Ein Orkan zieht auf, großartig von den Vieren mit dynamischem Verve dargestellt (grandioser Regieeinfall) und macht alles zunichte, was mit viel Herzblut aufgebaut – es folgt die Einsicht „es gibt so viel zu tun – wir müssen ruhn“.

Cafe Fuerte Theaterpremiere
Viel Applaus für John Kendall, Tobias Fend, Gregor Weisgerber und Johanna Köster. tsh

Last but not least Automatisierung und Arbeitseinsparung, was früher eine Handvoll Forstarbeiter in gut einer Woche schafften, wird heute in einem Tag von einem Arbeiter und einem ultramodernen zwanzig Tonnen „Harvester“ (Holzvollernter) innerhalb eines Tages erledigt. En miniature wird auf dem Tisch eine Waldschlägerung aufgebaut, giftgrüne Fichten, ein Miniatur-Harvester, Holzstämme, dunkles Sägemehl etc., während sich die drei Männer im richtigen Positionieren der Figuren und Gegenstände gütlich tun, wird die ganze Szenerie von Johanna Köster mittels eines Theaterscheinwerfers beleuchtet. Der Text hätte an manchen Stellen durchaus etwas souveräner und gehaltvoller sein können, einfaches, aber effektives Bühnenbild von Ronja Svaneborg, einwandfreie Regie von Danielle Fend-Strahm, brillante Schauspieler, ein ausgesprochen kurzweiliger Theaterabend.

Cafe Fuerte: Sonntag – Sieben Bilder wider den Fleiß von Tobias Fend

Karten: karten@cafefuerte.at

Weitere Termine und Aufführungen: www.cafefuerte.at