Techno-Götter und – digitale – Täuschungen

Kultur / 25.04.2024 • 16:02 Uhr
Amphitryon
Die Premiere von Amphitryon fand am Mittwochabend im Vorarlberger Landestheater statt. anja köhler

Das Vorarlberger Landestheater präsentiert unter der Regie von Angelika Zacek eine innovative Neuinszenierung von „Amphitryon“.

Bregenz Das Vorarlberger Landestheater präsentierte am Mittwochabend eine innovative Neuinszenierung von Heinrich von Kleists „Amphitryon“, unter der Regie von Angelika Zacek. Die Aufführung, die klassische Themen mit modernen technologischen Elementen verschmelzt, bietet eine frische Perspektive auf Kleists tiefgründige Untersuchung von Identität und Täuschung.

Amphitryon
Jupiter nimmt die Gestalt des Amphitryon an und verbringt eine Nacht mit dessen Frau. anja köhler

Zu Beginn der Aufführung setzt Zacek ein ungewöhnlich modernes Element ein: Zu Techno-Musik werden von künstlicher Intelligenz manipulierte Bilder prominenter Gestalten wie des Papstes, Donald Trump und Kim Jong Un projiziert. Diese visuelle Darstellung eröffnet das Stück mit einer deutlichen Botschaft über die Manipulierbarkeit von Identitäten. Jupiter und Merkur verkünden mit einem von der künstlichen Intelligenz ChatGPT generierten Text, ihre Absicht, die Menschen zu täuschen. „Die Menschen werden staunen, wenn sie sehen, Wie denkende und Maschinen ihr Schicksal drehen. Doch hinter allem bleibt verborgen, Das Spiel der Götter, Das wir geborgen.“

Amphitryon
Isabella Campestrini, Nico Raschner, David Kopp und Grégoire Gros. anja köhler

Diese technologischen Aspekte sind tief mit Kleists zentralen Themen verbunden. Die Projektionen von historischen und politischen Figuren dienen als Metapher für die Fluidität und Manipulierbarkeit menschlicher Identität, was eine direkte Reflexion der Kernkonflikte des Dramas ist. In einem Stück, das die Frage behandelt, wie wir unsere wahre Natur erkennen können, wenn unsere äußerlichen Identitäten so leicht dupliziert oder verändert werden können, betonen diese Elemente die Unsicherheit der Charaktere über ihre wahre Natur und heben die Rolle der Technologie als modernes Werkzeug der Täuschung hervor.

Amphitryon
Jupiter verführt Alkmene. anja köhler

Nach dieser Einleitung beginnt das eigentliche Drama. Jupiter nimmt die Gestalt von Amphitryon an und verbringt eine Nacht mit Alkmene, der treuen Frau des Amphitryon, die dadurch unwissentlich untreu wird. Als Amphitryon tatsächlich zurückkehrt, kommt es zu Verwirrung und Konflikten, während beide nach der Wahrheit suchen. Gleichzeitig verkompliziert Merkur die Situation, indem er sich als Amphitryons Diener Sosias ausgibt und dessen Frau Charis verführt, wodurch sich das Drama um Identität, Liebe und Betrug noch verschärft.

Amphitryon
Alles in allem ist diese Inszenierung des „Amphitryon“ am Vorarlberger Landestheater eine sehr gelungene Produktion. anja köhler

Zaceks Inszenierung zeichnet sich durch eine klare Entwicklung der Charaktere und eine dynamische Interaktion zwischen den Figuren aus. Die Regisseurin nutzt die psychologischen Nuancen in Kleists Text, um die Figuren lebendig und greifbar werden zu lassen. Maria Lisa Huber als Alkmene, Grégoire Gros als Jupiter und Luzian Hirzel als Amphitryon bringen ihre Charaktere mit großer Präzision und Wahrhaftigkeit auf die Bühne. Besonders in den Konfrontationsszenen, die die tragischen Untertöne des Stückes unterstreichen, sind ihre Darstellungen nuanciert und überzeugend.

Amphitryon
Nico Raschner und Luzian Hirzel. anja köhler

Isabella Campestrini als Charis und David Kopp als Sosias meistern sowohl die komischen als auch die ernsten Seiten ihrer Rollen mit Bravour. Ihre Performances verleihen dem Stück eine charmante Leichtigkeit und gleichzeitig emotionales Gewicht. Nico Raschner als Merkur rundet die Ensembleleistung ab.

Amphitryon
Zaceks Inszenierung zeichnet sich durch eine klare Entwicklung der Charaktere und eine dynamische Interaktion zwischen den Figuren aus. anja köhler

Die technische Umsetzung der Aufführung trägt wesentlich zur Gesamtwirkung bei. Das Bühnenbild von Gregor Sturm und das Lichtdesign von Simon Tamerl schaffen eine atmosphärische und visuell ansprechende Umgebung, die die Handlung unterstützt und die Stimmungen der einzelnen Szenen unterstreicht. Das Bühnenbild spielt mit den Mitteln der optischen Täuschung und verstärkt so den Eindruck des Stückes, wie ungenau unsere Wahrnehmung der Realität sein kann. Ein weiteres beeindruckendes Element ist eine glänzende Kugel, die von der Bühnendecke schwebt und die metaphorische und buchstäbliche Zentrierung der Handlung symbolisiert.

Amphitryon
Maria Lisa Huber als Alkmene und Grégoire Gros als Jupiter. anja köhler

Insgesamt eine gelungene Produktion des „Amphitryon“ am Vorarlberger Landestheater. Die präzise Regie von Angelika Zacek und die Leistung des Schauspielensembles sowie des Bühnen- und Lichtteams machen den Abend zu einem kurzweiligen und spannenden Erlebnis.