Eine Welt aus Fantasie, Humor und Poesie

Das Homunculus Festival in Hohenems geht in die zweite Runde.
Hohenems In Hohenems werden Drachen nicht erschlagen, sondern höchstens in den großen Zeh gestochen. Bei Homunculus, dem Hohenemser Figurentheaterfestival, stehen seit dem 2. Mai wieder Fantasie und Poesie, aber auch Humor und Empowerment für kleine Heldinnen im Mittelpunkt. Mit „Drachenblut und Blümchenpflaster“ zeigte das Theater Zitadelle, dass auch ein Mädchen mit Schwert und Verstand seine Eltern retten kann. Schließlich muss man den Drachen nicht töten, sondern nur höflich um ein paar Tropfen Blut bitten. Auch der Riese muss nicht geköpft werden, eine kleine Bitte und drei Haare wechseln den Besitzer. Das Märchen wurde aus der Sicht von zwei Securitymitarbeitern (Daniel Wagner und Michael Schwager) erzählt.

Herrlich schräg erzählt wurde Cervantes’ “Don Quichote” vom Materialtheater Stuttgart. Annette Scheibler und Sigrun Kilger verwoben Slapstick, viel Fantasie, ein bisschen Politik und viel Humor in wunderbare Szenen. Die Abenteuer des traurigen Ritters Don Quijote und seines Knappen Sancho Pansa wurden mit zwei Puppen und köstlichen Bühnenbildeinfällen dargestellt – die Mancha als Wolldecke mit heller und dunkler Seite, Teppichklopfer als Windmühlenflügel und ein Buchrücken, der sich in das Pferd Rosinante verwandelt.

Im Kinderprogramm begeisterte Annegret Geist die Kleinen mit der Kinderbuchadaption von Helmut Heim „Das schönste Ei der Welt“. Der Wettstreit dreier Hühner um das schönste Ei gipfelt in der Erkenntnis, dass Schönheit von innen kommt – woher sonst, wenn das Ei doch von der Henne gelegt wird…? Die Geschichte vom Wert des Individuums und seiner Einzigartigkeit ist im Zeitalter der Selfies vielleicht aktueller denn je.

Auch das „Tapfere Schneiderlein“ der Leipziger Compagnie „Märchenfänger“ sorgte am Samstag für viel Applaus. Gleich zwei Vorstellungen waren dem pfiffigen Schneiderlein gewidmet, das seinen bösen Chef verlässt und auf Geheiß des affektierten Königs das Schlager singende Einhorn fangen soll. Christian Sengewald überzeugte mit flottem Spiel und vielen Ideen auch die Jugendlichen bis 14 Jahre.

Für die wetterbedingte Programmänderung am Freitag sprangen kurzfristig die bei Homunculus bekannten „Exen“ ein. „Der merkwürdige Herr Bruckner“ sorgte auf Anhieb für Standing Ovations: Annika Pilstl und Dorothee Carls gossen ihr musikalisch-flottes Figurentheater-Stück über den berühmten Komponisten, der als bescheidener, aber auch etwas „schrulliger“ Zeitgenosse galt, für eine in starken Szenen stringent erzählte Geschichte: Anlässlich seines 200. Geburtstags wird Anton Bruckner in seinem Grab zum Leben erweckt und erfährt, wie seine Musik weiterlebt.

Die Exen zaubern Momente der Demütigung durch seine Gegner, private Niederlagen bei seinen insgesamt neun erfolglosen Heiratsanträgen, Begegnungen mit Richard Wagner, Kaiser Franz Joseph und musikalische Triumphe auf die Bühne des Löwensaals.

Die 33. Figurentheater-Festspiele sind in diesem Jahr hervorragend ausgelastet, Restkarten gibt es noch für Susi Claus und Stefka Ammons „Wenn alles auseinanderfällt“ (Mittwoch, 8. Mai) über die Köpenicker Blutwoche 1933. Ein anspruchsvoller Stoff mit tragischem Hintergrund, der in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems im Salomon Sulzer Saal gezeigt wird.