Ein Abschied auf Raten

Kultur / 13.05.2024 • 14:20 Uhr
Orchesterverein Götzis
Der Orchesterverein Götzis veranstaltete am Sonntag seine traditionelle Frühjahrsmatinee. ARNO WOHLGENANNT

Dirigent Benjamin Lack leitete seine vielleicht letzte Matinee beim Orchesterverein Götzis.

GÖTZIS Der Dirigent und Chorleiter Benjamin Lack ist vergangenen Herbst einer Berufung als Dozent an die Musikuniversität Graz gefolgt. Damit beginnt nun im Land ein allseits bedauertes langsames Abschiednehmen von seinen mehrfachen Verpflichtungen bei Chören und Institutionen, denen er viele Jahre hindurch musikalisch und menschlich eng verbunden war.

Orchesterverein Götzis
Der Lindauer Darius Grimmel (28) ist der designierte Nachfolger des bisherigen Dirigenten und Chorleiters Benjamin Lack. ARNO WOHLGENANNT

Dies betraf auch den Orchesterverein Götzis, dessen traditionelle Frühjahrs-Matinee Lack während der letzten zehn Jahre in der Kulturbühne AmBach stets sorgsam leitete und dabei den vorwiegend auf Amateurbasis besetzten Verein immer wieder auf ein durchaus professionelles Leistungsniveau brachte. Er tat dies auch vergangenen Sonntag in gewohnt gekonnter Weise, ließ dabei aber offen, ob dies sein endgültiger Abschied war oder nicht. „Nix ist fix“ meinte vielsagend auch Obmann Thomas Dünser bei seiner Begrüßung und hatte sicherheitshalber mit dem Lindauer Darius Grimmel (28) gleich einen Nachfolger bei der Hand, der schon diesmal bei einem Teil des Programms erfolgreich seinen Einstand am Pult des Orchesters feierte.

Orchesterverein Götzis
Musikerinnen und Musiker des Orchesterverein Götzis. ARNO WOHLGENANNT

Grimmel schloss am Landeskonservatorium Feldkirch das IGP ab, Hauptfach Kontrabass mit Schwerpunkt Dirigieren, sowie das künstlerische Diplomstudium. Er studiert in Linz Musikvermittlung, unterrichtet an den Musikschulen Rankweil und Bregenzerwald und komponiert Werke für Kontrabass, Kammermusik und Orchester. Wie sehr er auch bereits mit dem Dirigieren vertraut ist, zeigt Grimmel mit den ersten beiden Stücken eines rein polnischen Programms, das Konzertmeister Markus Ellensohn diesmal speziell auf den Solisten dieses Konzertes abgestimmt hat. Der aus Polen stammende, exzellente Violinsolist Pawel Zalejski ist u. a. Primarius im renommierten „Apollon Musagète Quartet“, war erster Konzertmeister im SOV und gilt heute als einer der führenden Violinsolisten seiner Generation.

Orchesterverein Götzis
Der aus Polen stammende, exzellente Violinsolist Pawel Zalejski. ARNO WOHLGENANNT

Er gibt diesem Vormittag mit seiner in jeder Phase ausgefeilten, überlegenen Ausgestaltung den Glanz des großen, internationalen Virtuosen, der in der weiten Musikwelt zu Hause ist und das Publikum Staunen macht. Zalejski fühlt sich auch besonders wohl in diesem Programm mit Musik seiner Heimat und offensichtlich auch gut vertraut mit den rund 30 Streichern aus verschiedenen Altersgruppen, die an diesem Vormittag hoch motiviert diese Matinee mitgestalten. Nach wohlig satten Orchesterstücken im alten Stil von Henryk Mikolay Górecki als Einspielstück fordert das Concerto Notturno von dessen Sohn als ein Stück aufgerauter zeitgemäßer Musik vom jungen Dirigenten Grimmel, den Musikern und nicht zuletzt von den Zuhörern einiges an Offenheit und Verständnis für die Besonderheiten der Avantgarde.

Orchesterverein Götzis
Als Zugabe gab es ein „Muttertagsständchen“ für Violine solo, dem Adagio aus der Sonate g-Moll von Bach. ARNO WOHLGENANNT

Danach übernimmt Benjamin Lack für den Rest des Programms, zunächst mit einer Suite polnischer Tänze für Streicher. Die letzten beiden Solowerke bilden zueinander einen spannenden inhaltlichen und stilistischen Kontrast. Zalejski nutzt die bekannte „Legende“ von Henryk Wieniawsky als Salonmusik zu sinnlich schwelgenden Seufzern auf seiner Violine, in der Moldawischen Rhapsodie von Mieczyslaw Weinberg (2010 „Die Passagierin“ bei den Festspielen) dagegen wird er in einem höllischen Csardás brillant zum ausgeflippten Teufelsgeiger. Und das Orchester? Trägt dieses polnische Furioso begeistert mit, als wäre es seine eigene Musik.

Orchesterverein Götzis
Violinsolist Pawel Zalejski, designierter Nachfolger als Dirigent Darius Grimmel, Dirigent Benjamin Lack.

Danach beglückt Zalejski das Publikum als Zugabe mit einem berührenden „Muttertagsständchen“ für Violine solo, dem Adagio aus der Sonate g-Moll von Bach.

FITZ JURMANN