Ein Blick in die Abgründe der Seele

“Der Sandmann” kombinierte Theater, Tanz und Multimedia.
Bregenz Am Donnerstagabend feierte das Stück „Der Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann in der Box des Vorarlberger Landestheaters Premiere. Die Inszenierung von Maria Lisa Huber präsentierte sich als komplexes Geflecht aus Schauspiel, Tanz und multimedialen Elementen, das die Zuschauer in die seelischen Abgründe der Hauptfigur Nathanael entführte.

Rebecca Hammermüller übernahm die Hauptrolle des Nathanael und lieferte eine bestechende schauspielerische Leistung ab. Durch ihr facettenreiches Spiel verlieh sie der Figur eine beeindruckende Vielschichtigkeit und wechselte gekonnt zwischen Verzweiflung und Wahnsinn. Ihre Fähigkeit, auch in den tragischsten Momenten eine authentische Emotionalität zu bewahren, trug wesentlich zur Intensität des Theatererlebnisses bei. Auch Ann Mayer überzeugte mit ihrer Darstellung und ergänzte das Stück durch ihr nuanciertes Spiel.

Ein bemerkenswertes Merkmal der Produktion war die Einbeziehung des Tanzes durch Silvia Salzmann, deren Performances als körperlicher Ausdruck innerer Konflikte und zur Verstärkung der Figur des Sandmanns dienten. Rätselhaft bleibt allerdings, warum die Regisseurin ausgerechnet in der Box, die über keine erhöhte Bühne verfügt, die Schauspielerinnen und vor allem die Tänzerin über weite Strecken der Inszenierung auf dem Boden liegend oder sitzend agieren ließ, was die Sicht für etwa die Hälfte der Zuschauer stark einschränkte.

Trotz der starken schauspielerischen Leistungen und der kreativen szenischen Umsetzung war diese Entscheidung, viele Aktionen auf der Bodenebene stattfinden zu lassen, wenig gelungen. Dies beeinträchtigte nicht nur die Sichtbarkeit, sondern auch damit die Einbeziehung des Publikums in die Aufführung, was zu einer geringeren emotionalen Resonanz führte. Angesichts der hohen Qualität der Darbietungen und der visuellen und akustischen Inszenierung ist dies bedauerlich.

Die szenische Gestaltung und die multimediale Umsetzung durch die alptraumhaften Bildwelten von Crystin Moritz sowie die Soundkulisse von Fuad-David Buaita schufen eine surreale Atmosphäre, die in die Traumpsychologie des Nathanael eintauchen ließ. Diese Elemente verwischten die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, was für die Interpretation der Novelle von zentraler Bedeutung ist. Der thematische Fokus auf Trauma und psychische Krankheit wurde durch diese mehrdimensionale Erzählstruktur unterstützt und vertieft.

Der Regisseurin Huber und der Dramaturgin Juliane Schotte ist es gelungen, die literarische Vorlage in eine moderne, performative Kunstform zu überführen, die das Publikum herausfordert und zum Nachdenken anregt. Der Einsatz von Masken, choreografischen und auditiven Elementen verstärkte die Thematik der Identitätskonflikte und der zeitlichen Desorientierung, die Nathanael durchlebt. Diese stilistischen Entscheidungen waren stimmig und bereicherten die erzählerische Tiefe des Stückes.
der sandmann
Vorstellungen: Freitag, 28.6. und Sonntag, 30.6., 19.30 Uhr, Box