Ein Wanderer zwischen den Welten

Kultur / 23.06.2024 • 15:33 Uhr
Masatsugu Okada
Masatsugu Okada stellt bereits zum zweiten Mal in der Galerie Sechzig aus. Markus Tretter

Masatsugu Okada präsentiert seine neuesten Werke in der Galerie Sechzig.


Feldkirch Ein Wanderer ist der 1984 in Osaka/Japan geborene Okada nicht nur, weil er seit 2012 in Düsseldorf lebt und dort an der Kunstakademie bei Stefan Kürten und Sabrina Fritsch Malerei studiert hat, sondern auch, was seine neuesten Arbeiten betrifft, die derzeit in der Galerie Sechzig/Feldkirch zu sehen sind. Die Kuratoren Leonie Hirn und Calvin Mechora haben Okada bereits zum zweiten Mal in ihre Galerie eingeladen. Zu Recht, denn Okadas künstlerisches Oeuvre befindet sich in ständiger Transformation und schafft in seinen Bildern/Skulpturen eine unverwechselbare Synthese aus westeuropäischer und ostasiatischer Kultur. Unter dem Ausstellungstitel „Abstract Landscapes“ waren damals Himmels- und Wolkenlandschaften (Skyscape) zu sehen, fließendes oder stehendes Wasser, in das ein Stein geworfen wurde und nur noch die Kringel auf der Wasseroberfläche zu erkennen waren (Blurred Boundaries). Dieses Motiv greift auch die diesjährige „Stream Series“ auf, die nach einer Bergwanderung von Osaka aus entstand, bei der der Künstler die unterschiedlichsten Wellenformationen, Farbspiegelungen und Lichtreflexe auf der aufgewühlten Wasseroberfläche eines Flusses beobachten konnte.

Masatsugu Okada
Okadas „Stream Series“ sind nach einer Bergwanderung von Osaka aus entstanden. thomas schiretz

Dieses Naturschauspiel, so Okada, habe auf ihn wie ein abstraktes Gemälde gewirkt. Doch dieses Mal kommt in Okadas Werken vor allem sehr stark die Figuration zum Tragen. „Higan“ nennt sich seine neueste Werkserie und das bedeutet im Japanischen so viel wie „das andere Ufer“ beziehungsweise „Nirvana“ oder auch „Jenseits“. Sowohl im buddhistischen wie auch im Shintoismus gibt es die Vorstellung, dass es einen Fluss geben soll, der die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits, und dahinter offensichtlich auch eine Welt der Erlösung bzw. der Verdammnis, markiert.

Masatsugu Okada
Okadas künstlerisches Oeuvre befindet sich in ständiger Transformation. thomas schiretz

Kristallisieren sich bereits manchmal in der „Stream-Serie“ eigenartige Mischwesen, man könnte einen „Drachen“, einen „Hund“, einen menschlichen Kopf, einen zur Erde sich neigenden Buddha erkennen, so fußt seine „Higan-Serie“ ausnahmslos auf figürlich anmutenden Gestalten. Okada selbst bezeichnet sie als „Geister“, aber seine „Geister“ sollen keine konkreten Figuren oder Köpfe darstellen, sondern nur die Silhouetten unsterblicher körperlosen Seelen skizzieren.

Masatsugu Okada
Okadas “Geister“ sollen keine konkreten Köpfe darstellen, sondern nur die Silhouetten unsterblicher körperlosen Seelen skizzieren. markus tretter

Mittels weniger, aber akkurat gesetzter Pinselstriche erschafft er phantomartige Wesen auf tiefschwarzem oder naturfarbenem Malgrund. Die Farbgebung des Bildträgers beeinflusst die Leuchtkraft und die Aura des einzelnen Werkes ganz wesentlich. Sie erinnern sehr stark an die sogenannte Kirlanfotografie oder auch Aurafotografie. Jede Farbe auf einem Aura-Foto, sie liegen außerhalb des normalen Wahrnehmungsspektrums eines menschlichen Auges, deutet dabei auf eine bestimmte Schwingung hin, die wiederum eine spezifische Bedeutung hat.

Masatsugu Okada
Kraft und Dynamik mittels Farbgebung und Pinselduktus. thomas schiretz

Es soll Menschen geben, die diese elektromagnetischen Frequenzen, ob nun bei Menschen, Tieren, Gebäuden (u. a. Pyramiden), sämtlichen technologischen Produkten, Essenzen, alles, was in der Natur vorkommt etc. sehen können – diese nennt man hellsichtig. Von eigener Anmut sind Okadas „Immortals“, dreidimensionale Charakterköpfe und Figürchen aus Ton mit Acryl bemalt, stilistische Bezüge gibt es zu den japanischen Jizō-Statuen. Ob nun als „Ahnen“, als „Schutzgötter der Kinder“, oder als Apotropäum (Unheil abwendend) zu sehen, überlässt Okada dem Betrachter. Okada geht es in seiner Malerei vor allem darum, seinen Werken ein „panta rhei“ angedeihen zu lassen, Kraft und Dynamik mittels Farbgebung und Pinselduktus, aber auch um dem Immateriellen (Seele) bzw. dem Unsterblichen eines „Geistes“ malerisch Gestalt zu verleihen.

Masatsugu Okada – Higan

Galerie Sechzig
Bis 10.08.2024
www.galeriesechzig.com