Ein bewegendes Festkonzert

Kultur / 05.07.2024 • 11:42 Uhr
Unter der Leitung von Modestas Pitrenas überzeugten das Sinfonieorchester St. Gallen und der Tenor Edgaras Montvidas.
Unter der Leitung von Modestas Pitrenas überzeugten das Sinfonieorchester St. Gallen und die Sopranistin Sylvia D’Eramo. Victor Marin

Richard Strauss und Gustav Mahler in symphonischer Eintracht.

St. Gallen In der Tonhalle St. Gallen fand im Rahmen der Festspiele ein Konzert statt, das hohe Erwartungen weckte und auch erfüllte. Im Zentrum standen Richard Strauss’ „Vier letzte Lieder“, seine Tondichtung „Don Juan op. 20“ sowie Gustav Mahlers „Adagietto“ aus der 5.

Modestas Pitrenas
Modestas Pitrenas Augustas Didzgalvisbrachte die dynamischen Kontraste und virtuosen Passagen des Werkes eindrucksvoll zur Geltung.

Den Auftakt des Konzerts bildete Strauss’ „Don Juan op. 20“. Die packende Komposition, die auf der gleichnamigen literarischen Figur basiert, war ein mitreißender Start in den Abend. Strauss vertonte die legendäre Figur mit einer dramatischen Musik, die die Leidenschaft und das ungestüme Wesen Don Juans einfängt. Das Orchester unter der Leitung von Modestas Pitrenas brachte die dynamischen Kontraste und virtuosen Passagen des Werkes eindrucksvoll zur Geltung. Besonders hervorzuheben sind die einprägsamen Themen, die Strauss für Don Juan entwickelt und in immer neuen Facetten präsentiert, wodurch eine beeindruckende musikalische Entwicklung entsteht. Die Energie und Vitalität der Musik spiegelte das rastlose Wesen der Titelfigur wider, während die lyrischen Passagen die emotionalen Tiefen und Sehnsüchte Don Juans offenbarten. Kurz vor Schluss, perfekt abgestimmt auf die plötzliche Pause, erstarrten die Musiker in der Bewegung.

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Einen wunderbaren Kontrast zu Strauss’ energiegeladenem „Don Juan“ bot das Adagietto aus Gustav Mahlers 5. Symphonie. Dieser vierte Satz zeichnet sich durch seine schlichte Instrumentierung und seine lyrische Melodik aus. Mahler wählte hier bewusst nur Streicher und Harfe, um eine intime und zarte Klangwelt zu schaffen. Das Adagietto, bekannt durch seine Verwendung in Luchino Viscontis Film „Der Tod in Venedig“, verkörpert die Essenz romantischer Sehnsucht und tiefen emotionalen Ausdrucks. Die langsame, melancholische Melodie und die sanft schwingenden Harfenklänge ließen den Zuhörer in eine Welt der inneren Kontemplation eintauchen. Die transparente Textur und die harmonische Klarheit des Stückes bildeten einen wunderbaren, beruhigenden Kontrast zu den vorangegangenen dramatischen Werken.

Sylvia D'Eramo
In der Mittellage, wo die Lieder ihre größte Wirkung entfalten, glänzte D’Eramo mit ihrer warmen, klaren Stimme. Dario Acosta

Die “Vier letzten Lieder” von Richard Strauss sind ein bewegender Rückblick auf ein reiches Künstlerleben, ein bedeutungsvolles Schlusswort und eine einzigartige kompositorische Schöpfung. Die am 22. Mai 1950 in der Royal Albert Hall in London uraufgeführten Orchesterlieder basieren auf Texten von Joseph von Eichendorff und Hermann Hesse. Die Sopranistin Sylvia D’Eramo, Absolventin der Yale School of Music und Mitglied des Metropolitan Opera Lindemann Young Artist Development Program, interpretierte die berührenden Vertonungen leidenschaftlich und meisterte die emotional komplexen Stücke souverän: Zu Beginn des ersten Liedes “Frühling” wirkte sie noch etwas unsicher, fand aber im Laufe des Abends immer mehr zu ihrer Stimme. In der Tiefe klang ihre Stimme etwas dünn, in der Höhe wirkte sie manchmal schrill, aber in der Mittellage, wo die Lieder ihre größte Wirkung entfalten, glänzte D’Eramo mit ihrer warmen, klaren Stimme.

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Besonders eindrucksvoll gelang ihr die Interpretation des letzten Liedes „Im Abendrot“. Die Vertonung des Eichendorff-Gedichtes thematisiert den Lebensabend und den nahenden Tod. D’Remos Stimme verschmolz hier perfekt mit der Orchesterbegleitung, die das Sinfonieorchester in herbstlich-melancholischen Farben gestaltete. Der Schlussakkord, der mit seinem langsamen Ausklingen die Vergänglichkeit des Lebens symbolisierte, ließ die Zuhörer einen Moment der stillen Besinnung erleben.