Schubertiade: In allen Sätteln gerecht

Kultur / 14.07.2024 • 14:28 Uhr
Schubertiade
Nass, aber glücklich genoss man im Markus-Sittikus-Saal das Wiedersehen mit dem grandiosen Apollon Musagète Quartett, für das sich jeder Weg lohnt. Schubertiade

Das polnische Apollon Musagète Quartett brillierte mit Schubert, Puccini und Dvorák.

Hohenems Wer den Mut hatte, sich am Freitag gegen Abend während eines schweren Gewitters über dem Rheintal auf den Weg zur Schubertiade nach Hohenems zu machen, wurde für seine Unerschrockenheit reichlich belohnt. Nass, aber glücklich genoss man im Markus-Sittikus-Saal das Wiedersehen mit dem grandiosen Apollon Musagète Quartett, für das sich jeder Weg lohnt. Die polnischen Musiker gastierten im zweiten von fünf Konzerten, die Gerd Nachbauer auch heuer als sommerliches Intermezzo zwischen die beiden großen Programmblöcke seines Festivals im Juni und August in Schwarzenberg gestellt hat.

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Auch diesmal führt das Programm von Schubert über den opernhaften Puccini zum böhmischen Dvorák. Schubertiade

Die polnischen Musiker des nach dem Gott der Künste benannten Apollon Musagètes Quartetts fühlen sich hier nach ihrem Debüt 2011 und regelmäßigen Auftritten auch fast wie zuhause. Dazu trägt auch die Parallel-Verpflichtung ihres Primarius Pawel Zalejski bei, der als Konzertmeister des Symphonieorchesters Vorarlberg über lange Zeit wesentlich dessen Qualität mitgeprägt hat. Das Quartett hat dabei immer wieder seine Vielseitigkeit in der Anpassung an verschiedene Klangwelten unter Beweis gestellt. Auch diesmal führt das Programm von Schubert über den opernhaften Puccini zum böhmischen Dvorák, und überall finden die vier Musiker in erstaunlicher Flexibilität den rechten Ton, sind in allen Sätteln gerecht. Von Anfang an macht Zalejski an der ersten Violine seine Führungsqualitäten klar, ohne sich je unangenehm in den Vordergrund zu spielen. Ein „Primus inter pares“ eben. Mit ihm zusammen haben sich seine Landsleute Bartosz Zachlod, zweite Violine, Piotr Szumiel, Viola, und Piotr Skweres, Violoncello, technisch brillant gemeinsam einen runden, transparenten Klang erarbeitet, in dem die Instrumente miteinander verschmelzen.     

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Die Musiker nehmen Schubert trotzdem ernst, vor allem der dritte Satz, Largo, wird zu einem Ausbund an kompakter Klanglichkeit und Reinheit

Im Laufe dieser Jahre hat Apollon aber auch seine besondere Neigung zu Schubert mit einem Zyklus aller 15 Streichquartette bestätigt, in höchstem Qualitätsstandard und ganz bewusst gegen die chronologische Reihenfolge gebürstet. Eine Erinnerung an ihr differenziertes, fein beleuchtetes Schubert-Spiel haben die Musiker auch an den Beginn dieses Programms gestellt. Das Streichquartett Es-Dur, D 87, ein Frühwerk des 16-Jährigen, ist noch nicht ganz auf der Höhe seiner Kunst, wenn auch bereits das spätere Genie durchschimmert. Die Musiker nehmen Schubert trotzdem ernst, vor allem der dritte Satz, Largo, wird zu einem Ausbund an kompakter Klanglichkeit und Reinheit. Sie spielen das Quartett stehend, wie alles an diesem Abend, und dabei ist ihre Körpersprache ein zusätzliches, intensiv eingesetztes Ausdrucksmittel.

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Eine neue Klangwelt der harmonischen Farbigkeit und Freiheit eröffnet sich mit einer „Crisantemi“ von 1890 benannten Trauermusik des Opernkomponisten Puccini, der in diesem seltenen Fall in die Kammermusik abgedriftet ist. Trotzdem klingt auch die nach Oper, und wirklich schlängelt sich unversehens in süßer Melancholie in der ersten Violine eine Opernarie daraus hervor. Die Primadonna mit dem edlen Ton heißt in diesem Fall Pawel Zalejski. Satter Wohlklang, mit tänzerischen Einschüben der Dumka im 2. Satz versehen, entfaltet sich dann in Dvoráks Streichquartett Es-Dur und bildet damit die Klammer zu Schubert in der gleichen Tonart. Das Stück in bester slawischer Tradition ist freilich ungleich frecher, blutvoller und leidenschaftlicher. Wenn nach den zart wispernden Bewegungen in der Romanze des 3. Satzes das mitreißende Kopfthema des Finales angerissen wird, kennt die Begeisterung des Publikums kein Halten mehr, und sogar die Trampelfraktion gerät außer sich. Fritz Jurmann

Schubertiade Schwarzenberg: 24. August bis 1. September 2024             

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