„So machen es alle“ am Arlberg

Fulminantes Ensemble begeistert beim 12. Lech Classic Festival.
Lech Fußgetrampel und tosender, langanhaltender Applaus im neu eröffneten Veranstaltungssaal der „Lechwelten“. Nachdem eine Woche jeden Abend ein abwechslungsreiches Programm von Verdi, Wagner, Bizet und Donizetti über Johann Strauss, Vivaldi, Schubert, Bruckner, Beethoven über Haydn auf höchstem künstlerischem Niveau geboten wurde, wird nun mit Spannung und Aufregung Mozarts „Così fan tutte“ entgegengefiebert. Die hohen Erwartungen an die semi-szenische Aufführung können vollkommen erfüllt werden, obwohl es Umbesetzungen gibt und Günter Haumer, Ensemblemitglied an der Wiener Volksoper, kurzfristig einspringen muss. Der Wiener Bariton kann auch vom Auftreten als weltweiser Philosoph und Misanthrop Don Alfonso überzeugen, der als Drahtzieher der Amouren die Fäden zieht.

Große bunte Plakate hinter dem Lech Classic Orchester zeigen Handlungsorte in Neapel. Mit kitschig-schöner Gestaltung von Sonnenterrassen mit Vesuv-Ausblick, elegantem Rokoko-Salon, festlichem Spiegelsaal und gepflegten Gärten am Meer kann gekonnt die Stimmung um die fatale Wette und der erotischen Verkleidungs- und Partnertausch-Komödie eingefangen werden. Statt der üblichen Rezitative führt der Österreichische Kammerschauspieler Joseph Lorenz als Erzähler pointiert und mit großer Leidenschaft durch die Handlung und gibt auch spannende Einblicke in Mozarts eleganter Musik, seinen frechsten Tönen und Da Pontes unvermeidbaren Witz-Kapriolen. Der Dirigent Tetsuro Ban animiert die Musiker des Lech Classic Festivals ohne Dirigierstab zu knisterndem Spiel, die Tempi erklingen leicht und auch mit dramatischer Verve. Der Japaner achtet genau auf die Atmung der Solisten und setzt sängerfreundlich und behutsam ein.

Herausragend gestalten die zwei Liebespaare vokal und darstellerisch die Zeit der Selbstprüfung vor der Ehe. Jennifer O´Loughlin trumpft als Fiordiligi bei der anspruchsvollen Felsenarie mit großen Sprüngen in der Gesangsmelodie auf, zeigt bei den Duetten mit Schwester und Verlobten aber auch lyrische Geschmeidigkeit und jugendliche Frische ihres ausgezeichnet geführten Soprans. Die bayerische Kammersängerin präsentiert sich gekonnt als vornehme Dame aus Ferrara, die dem Geliebten treu bleiben will und verwirrt über ihre Gefühle zu einem anderen Mann ist. Als ihre Schwester erlebt man eine expressive, spielfreudige Margarita Gritskova, die neben fülliger Mittellage und schönen piani auch über die nötige bewegliche Höhe der Dorabella verfügt. Mit traumhaftem Schmelz, fließenden Legato-Bögen und beeindruckender Höhensicherheit ist Pavel Kolgatin ein idealer Ferrando, während Peter Kellners Bariton souverän, kraftvoll-kernig und mit passender Mimik und Gestik den Soldatenfreund Guglielmo interpretiert. Uliana Alexyuk spielt eine freche, schlaue Despina mit weißer Spitzenschürze, hat für diese Rolle schon eine sehr füllige Stimme, aber sorgt besonders in Verkleidung als zittriger Notar für Lacher im Publikum, das nach über drei Stunden mitgerissen den Konzertsaal verlässt. Susanne Lukas

