Energie für einen ganzen Winter

Fulminantes Abschlusskonzert der Schubertiade mit dem Pavel-Haas-Quartett und Kian Soltani.
Hohenems Die Schubertiade floriert: Auch die letzte Session im heurigen Jahr war sehr gut besucht. Dem exzellenten Ruf des Festivals wurde auch das Abschlusskonzert mit dem Pavel-Haas-Quartett und Kian Soltani am Sonntagvormittag in Hohenems gerecht, bei dem Mozarts Streichquartett in B-Dur, KV 589, das zweite der Preußischen Quartette, und Schuberts legendäres Streichquintett in C-Dur, D 956 auf dem Programm standen.

Seit seinem Debüt 2010 ist das weltweit renommierte Prager Pavel-Haas-Quartett ein gern gesehener Gast bei der Schubertiade. Die vier tschechischen Musiker boten einen sehr farbigen Mozart, mit Betonung der Kontraste in diesem späten Streichquartett, das dem Cello viele Solostellen zuweist, da der Widmungsträger, der preußische König Friedrich Wilhelm II., selbst dieses Instrument spielte. Anmutig begann die erste Geige mit einem absteigenden Thema, das vom Cello aufgenommen wurde, das wiederum beim zweiten Thema kraftvoll aufspielte. Temperamentvoll dann die Durchführung, bis zur wieder melodischen Reprise.

Von Anfang an überzeugte Primaria Veronika Jarůšková durch ihr energisches und elegantes Spiel, Peter Jarůšek ließ am Cello durch farbige und plastische Gestaltung aufhorchen. Die Mittelstimmen passten sich perfekt in den Klang ein, im Menuett glänzte Šimon Truszka an der Bratsche mit einer schönen Solostelle, Marek Zwiebel gestaltete seine Begleitfiguren mit Delikatesse. Besonders eindrucksvoll gelang das flirrende, exzentrische Trio des Menuetts, bevor sich dann alle ins rasante Rondo-Finale stürzten.
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Bei Schuberts Streichquintett herrschte von Anfang an magische Konzentration. Hier stieß der aus Bregenz gebürtige Cellist Kian Soltani dazu, eine absolut glückliche Verbindung. Obwohl er „nur“ den Part des zweiten Cellos übernahm, war Soltani für das Publikum sehr präsent, da er mittig und somit frontal zum Saal saß. Und nicht nur das: Schon im 1. Satz, wenn nach dem geheimnisvollen Beginn im Pianissimo die beiden Celli schon bald ihre erste Unisono-Phrase im Fortissimo spielen, wurde man fast vom Stuhl geweht. Beispiellos konzentriert geriet dieser fast überlange Satz, mit steter Spannung in den subtil verflochtenen leisen Partien wie in den energetisch aufgeladenen Stellen.

In der überirdisch schönen Stimmung des 2. Satzes fielen die normalerweise als Begleitfiguren kaum bewusst wahrgenommenen Pizzicati Soltanis durch ihre abwechslungsreiche Gestaltung auf. Nach dem ausgelassen-wilden Scherzo mit seinem getragenen Trio gab es ganz kurz spontanen Applaus, im ungarisch inspirierten turbulenten Schlusssatz steigerte sich die Intensität noch einmal in der Stretta. Könnte man musikalische Energie unmittelbar in elektrische umwandeln, dann müsste sich ganz Hohenems im kommenden Winter keine Sorgen um die Heizung machen. Der Saal kochte vor Begeisterung, zum Teil stehende Ovationen waren der Dank für eine beispiellos intensive Interpretation.
Ulrike Längle