Zwischen Melancholie und Dramatik

Gérard Korsten und Harriet Krijgh begeistern mit Interpretationen von Mahler, Schönberg und Dvořák.
Bregenz Ein Konzert von beeindruckender stilistischer Vielfalt und expressiver Intensität bot das Symphonieorchester Vorarlberg am Sonntag, 20. Oktober, im Bregenzer Festspielhaus. Unter der Leitung von Ehrendirigent Gérard Korsten präsentierte das Orchester mit Gustav Mahlers Adagietto aus der Symphonie Nr. 5, Arnold Schönbergs Kammersinfonie Nr. 2 und Antonín Dvořáks Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll drei Ikonen der klassischen Musikgeschichte. Die Solistin des Abends, die Cellistin Harriet Krijgh, setzte mit ihrer meisterhaften Interpretation des Dvořák-Konzerts den glanzvollen Höhepunkt.

Der Abend begann mit Mahlers berühmtem Adagietto aus der Symphonie Nr. 5, einem Werk, das für seine zerbrechliche, fast entrückte Schönheit bekannt ist. Das Orchester spielte es mit einer Sensibilität, die jeden Ton wie einen flüchtigen Atemzug erscheinen ließ. Unter Korstens präzisem Dirigat gewannen die Streicher eine Schlichtheit, die nichts von ihrer Ausdruckskraft einbüßte. Besonders auffallend war die emotionale Spannung, die trotz der sanften Gestaltung spürbar war. Die Aufführung spiegelte Mahlers Fähigkeit wider, in wenigen Minuten einen Gefühlskosmos zu verdichten – ein musikalisches Liebesgedicht.

Als Schönbergs Kammersymphonie Nr. 2 erklang, änderte sich die Stimmung schlagartig. Das Orchester brachte das vielschichtige Geflecht von Themen und Motiven klar und strukturiert zum Ausdruck, wobei sich besonders die Bässe und Bläser hervortaten. Im Zusammenspiel mit den Violinen entstand eine spannende Dynamik, die das Publikum tief in Schönbergs komplexe Harmonik eintauchen ließ. Korsten führte das Orchester souverän durch die anspruchsvolle Partitur, die spätromantische Klänge mit modernen Elementen verbindet. Besonders beeindruckend war, wie dramatische Spannungen immer wieder harmonisch aufgelöst wurden, ohne den Grundkonflikt des Werkes abzuschwächen.

Höhepunkt des Abends war Antonín Dvořáks Konzert für Violoncello und Orchester, meisterhaft interpretiert von Harriet Krijgh. Vom ersten Ton an überzeugte sie durch technische Raffinesse, die stets im Dienst der musikalischen Aussage stand. Im Dialog mit dem Orchester, insbesondere mit der Konzertmeisterin Monika Schuhmayer, entwickelte sich ein intensiver musikalischer Austausch. Den ersten Satz, geprägt von tiefen, melancholischen Melodien und dramatischen Ausbrüchen, spielte Krijgh mit großer Ernsthaftigkeit.

Im Adagio des zweiten Satzes brillierte Krijgh mit einer gefühlvollen Interpretation. Das Orchester unterstützte diese Stimmung und schuf den Raum, den Krijgh brauchte, um die lyrische Schönheit des Satzes in ihrer ganzen Pracht zu entfalten.
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Im furiosen Finale, in dem Dvořák volksmusikalische Anklänge mit dramatischer Energie verbindet, konnte Krijgh ihre Virtuosität voll ausspielen und auch in den technisch anspruchsvollsten Passagen die musikalische Ausdruckskraft des Werkes bewahren. Unter Korstens präzisem Dirigat entwickelte sich ein spannender Dialog zwischen Solistin und Orchester, der das Konzert zu einem krönenden Abschluss brachte.

Das Konzert war ein eindrucksvolles Beispiel für die Vielseitigkeit des Symphonieorchesters Vorarlberg unter der Leitung von Gérard Korsten. Während Mahler durch seine subtile Emotionalität berührte, bot Schönberg eine dichte und vielschichtige Klangwelt, die vom Orchester mit höchster Präzision interpretiert wurde. Unbestrittener Höhepunkt des Abends war jedoch der Auftritt von Harriet Krijgh, deren Interpretation von Dvořáks Cellokonzert das Publikum tief bewegte und mit lang anhaltendem Applaus belohnt wurde.