“Beim zweiten Neujahrskonzert fahren wir alle Register auf”

Ausverkaufte Konzerte, ein erstes Live-Album und eine klare Botschaft: der Schmusechor ist weiter auf Erfolgskurs.
Wien, Götzis Der Schmusechor sorgt erneut für ausverkaufte Säle: Nach dem großen Erfolg ihres ersten Neujahrskonzerts setzen die 40 Sängerinnen und Sänger unter der Leitung der Vorarlberger Dirigentin Verena Giesinger (37) in diesem Jahr noch einen drauf. Mit ihrer einzigartigen Mischung aus Pop, Performance und queerfeministischen Ansätzen wird das Volkstheater Wien an zwei Abenden zum Schauplatz ihres kreativen Schaffens. Gleichzeitig feiert der Schmusechor einen weiteren Meilenstein: die Veröffentlichung ihres ersten Albums. Im Interview mit den VN spricht die aus Altach stammende Dirigentin über Highlights, Visionen und den großen Erfolg ihres Chors.

Das erste Neujahrskonzert des Schmusechors im vergangenen Jahr war ein großer Erfolg. Welche Highlights können die Besucher dieses Jahr erwarten?
Auch bei unserem zweiten Neujahrskonzert im Volkstheater in Wien werden wir einen Gegenentwurf zum verstaubten, männlich dominierten und dirigierten Neujahrskonzert im Musikverein bieten und fahren dabei alle Register auf. Das erste Neujahrskonzert mit Pop, Performance und Queerfeminismus. Wir haben extra für diesen Abend neue Werke einstudiert. Das Publikum kann sich auf fulminante Kostüme, neue Choreos, ein Streichensemble und sonst noch viele Überraschungselemente freuen.
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Was glaubst du, macht den Schmusechor für das Publikum so besonders und anziehend?
Uns gibt es mittlerweile seit zehn Jahren und in dieser Zeit haben wir uns immer weiter entwickelt, uns ständig verändert und bleiben nicht still. Ich denke, dass unser Chor zum einen durch die vielen verschiedenen Individuen unterschiedliche Identifikationsmöglichkeiten bietet. Die Grenze zwischen Publikum und Bühne verschwimmt. Mit unseren Arrangements holen wir vor allem Popfans ab, mit unseren Kostümen erzählen wir viele unserer Geschichten, verhandeln Themen, die uns aktuell beschäftigen und mit meinen Zwischenansagen greife ich diese auch verbal manchmal auf. Das Publikum tanzt oft zu unseren Songs und singt selbst gerne mit.

Der Schmusechor hat sich mit seinen queerfeministischen und popkulturellen Ansätzen klar vom traditionellen Neujahrskonzert distanziert. Welches Feedback habt ihr erhalten?
Uns hat nach dem Konzert letzten Jahres und auch heuer bislang nahezu nur positives und wertschätzendes Feedback erreicht. Dass das Neujahrskonzert seit 85 Jahren ausschließlich von einem Mann dirigiert wird, war vielen bislang nicht bewusst. Uns geht es hier ja auch nicht per sé nur um dieses Aushängeschild für österreichische Musik, sondern um ein größeres Thema, nämlich um die fehlende Sichtbarkeit von FLINTA Personen (Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen), von Bipoc Personen und Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen auf eben diesen Bühnen. Wien, so wie ich es in meinem Alltag erlebe, ist um so vieles diverser als das Bild, das auf vielen Bühnen immer und immer wieder reproduziert wird. Es ist höchste Zeit, dass das geändert wird.

Was möchtet ihr dem Publikum mit dem Schmusechor und euren Konzerten auf den Weg geben, das über die Musik hinausgeht?
Mir persönlich ist es wichtig, dass wir mit unseren Konzerten immer wieder Hoffnung geben können. Das letzte Jahr war geprägt von viel Verunsicherung und Angst. Ich wünsche mir, dass wir wieder mehr in den Dialog miteinander kommen, wir trotzdem miteinander sprechen, auch wenn die Differenzen manchmal unüberwindbar scheinen. Wenn unsere Abende dazu anregen, den einen oder anderen neuen Gedanken, eine neue Sichtweise geschenkt zu bekommen, dann haben wir schon viel erreicht.

Jetzt habt ihr euer erstes Album veröffentlicht. Wie ist es entstanden?
Wir wollten längst schon ein Schmusechor-Album herausbringen, die fehlende Zeit hat uns bislang tatsächlich davon abgehalten. Ich dachte immer, wenn wir ein Album veröffentlichen, dann soll das unbedingt mit eigens für uns komponierten Werken passieren. Eine Idee, die viel Zeit beanspruchen würde und die uns auch herausfordert, die Frage zu stellen: „Wer sind wir musikalisch eigentlich, wenn wir nicht Covers singen?“Als dann der Labelchef von Ink Music mit dem Vorschlag auf mich zukam ein Live-Album zu veröffentlichen, fiel plötzlich ein großer Druck ab. Natürlich – den Schmusechor soll es zum „mit-nach-Hause-nehmen“ geben. Das erste Album setzt sich also aus Liveaufnahmen von zwei Konzerten zusammen. Zum einen von einem Konzert im ORF RadioKulturhaus und zum anderen vom ersten Neujahrskonzert. Das Endresultat ist aber eine wunderschöne Reise durch die Schmusechor-Historie geworden.
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Gibt es langfristige Ziele oder Träume für den Schmusechor?
Der Schmusechor träumt in der Regel immer groß. Den Wunsch nach einer Tour hegen wir schon lange. Aber tatsächlich sind wir für das nächste Jahr schon fast gänzlich ausgebucht. Da wir nächstes Jahr unser zehnjähriges Jubiläum nachfeiern werden, erfüllen wir uns einen langen Traum: Ein Schmusical. Das wird unser nächstes großes eigenes Projekt werden.
Die Konzerte am 3. und 4. Jänner in Wien sind restlos ausverkauft. Das Album ist ab sofort auf Vinyl, CD und zum Streamen erhältlich. Alle Infos zu weiteren Terminen gibt es unter: schmusechor.at