Wie ein Jazz-Konzert legendär wurde

50-jähriges Jubiläum von Keith Jarrett’s “The Köln Concert”.
Köln Eine lange Autofahrt, Rückenschmerzen und dazu noch ein untaugliches Instrument: Keith Jarretts Auftritt in der Kölner Oper am 24. Januar 1975 war von widrigen Umständen geprägt. Die Live-Aufnahme des heute 79-jährigen US-Pianisten gilt als das meistverkaufte Jazz-Soloalbum aller Zeiten, rund vier Millionen Exemplare wurden bis heute verkauft. Sechs Jahre später, genau am 28. Mai 1981, gab Jarrett ein Konzert im Festspielhaus Bregenz, das – gemeinsam mit dem Münchener Konzert – ebenfalls auf Tonträger festgehalten wurde. Jarretts Biograph Ian Carr urteilte damals über das Album: „Die Bregenz/München-Konzerte sind Jarretts bisher brillanteste Live-Soloaufnahmen; sein Inspirationsgrad ist außergewöhnlich, und die Musik deckt eine größere musikalische und emotionale Bandbreite ab als je zuvor“.

Der Auftritt in Köln ist aber natürlich deutlich legendenumwobener. Was davon wirklich stimmt und was nicht, lässt sich teilweise kaum mehr sagen. Man erzählt sich in Köln jedenfalls, dass der von der damals erst 18-jährigen Schülerin Vera Brandes organisierte Auftritt beinahe abgesagt worden wäre. Statt dem von Jarrett gewünschten Konzertflügel, einem sogenannten “Bösendorfer Imperial”, soll aufgrund einer Verwechslung nur ein deutlich kleineres Klavier, ein “Bösendorfer Stutzflügel”, auf der Bühne gestanden haben. Dieses Instrument soll einigen Berichten zufolge zudem verstimmt und in schlechtem Zustand gewesen sein. Ein Klavierstimmer soll den Stutzflügel schließlich doch spielbar gemacht haben. Angeblich konnte Brandes den damals 29-jährigen Jarrett erst in letzter Minute davon überzeugen, aufzutreten. “Ich werde spielen, aber nur für dich”, soll Jarrett zu Brandes gesagt haben.
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Die rund 1400 Zuschauer in der ausverkauften Kölner Oper bemerkten die Umstände nicht. Die rund 1.400 Zuschauer in der ausverkauften Kölner Oper bemerkten die Umstände nicht. “Das haben wir erst im Nachhinein erfahren. Wir spürten aber sofort, dass wir hier einen magischen Moment erlebten, es war eine ganz besondere Intensität und Aufmerksamkeit, die ich sonst nie wieder bei einem Konzert erfahren habe”, erzählt der heute 71-jährige Erftstädter Fotograf Klaus Erich Haun, der damals mit seinem Bruder das Konzert besuchte. “Nach der Zugabe war es unglaublich lange mucksmäuschenstill, bis dann ein enthusiastischer Applaus einsetzte.” Seinem Bruder Heinz-D. Haun ist das Konzert ebenfalls nachhaltig in Erinnerung geblieben: “Wir schwebten zwischen Himmel und Erde und haben uns immer wieder mit strahlenden Augen angesehen”, berichtet er.

AP Photo/EMC Records, Jimmy Katz
Die von Manfred Eicher produzierte und im November 1975 auf dem ECM-Label veröffentlichte rund einstündige Live-Aufnahme stellte von Beginn an einen großen kommerziellen Erfolg dar. Das schlicht gehaltene Cover zeigte Jarrett in Schwarz-Weiß beim Klavierspiel. So steht es noch heute in vielen Plattenregalen.
Die Aufnahme gilt als Meilenstein, weil sie improvisierte Jazz-Musik bei einem breiten Publikum populär machte. Jarretts ruhiges, harmonisches und stellenweise fast meditativ wirkendes Klavierspiel setzte damals einen neuen Akzent in der Jazzlandschaft, die noch stark vom Free Jazz der 1960er Jahre geprägt war. Der mittlerweile 79-jährige Jarrett selbst, der auf Grund gesundheitlicher Probleme keine Konzerte mehr gibt, haderte lange Zeit mit dem “Köln Concert”. Jarrett hält das Konzert nicht für perfekt, den enormen Erfolg der Platte konnte er sich nicht erklären.