“Vier Aktionen” im Wiener Aktionismus Museum

Kultur / 14.02.2025 • 13:57 Uhr
"Vier Aktionen" im Wiener Aktionismus Museum

Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler.


Wien Die aktuelle Ausstellung “Vier Aktionen” im Wiener Aktionismus Museum (WAM) widmet sich dem Titel entsprechend detailliert je einer Aktion von Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler. “Man bekommt einen neuen Blick auf das, was der Wiener Aktionismus war”, betonte Badura-Triska. “Zum ersten Mal werden diese Aktionen mit umfangreichem Material dokumentiert”, ergänzte WAM-Direktorin Julia Moebus-Puck. Dahinter stecken oft jahrelange Recherchen der jeweiligen Kuratorinnen und Kuratoren. Zu sehen sind unter anderem Fotografien, Filme, Zeitungsausschnitte und Manuskripte zu den jeweiligen Aktionen, die die Performances näher erläutern und Einblicke in das bildnerische Denken der Künstler geben.

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Von den “Vier Aktionen” sei nur die von Nitsch öffentlich gewesen, erklärte Badura-Triska. Im Rahmen des gemeinsam mit Muehl veranstalteten Festes des psychophysischen Naturalismus am 28. Juni 1963 legte sich Nitsch – im WAM in zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotografien festgehalten – zunächst mit einem toten Lamm ins Bett. Anschließend wurde der Kadaver über dem Bett aufgehängt und vom Künstler mit einer Gitarre “bearbeitet”. “die analytisch-tachistische malträtierung und zerfleischung des lamm-kadavers in analogie zur passion christi”, schrieb Nitsch dazu unter anderem auf einer texttafel.

"Vier Aktionen" im Wiener Aktionismus Museum
nitsch museumHermann Nitsch musste zwei Wochen Arrest antreten.

Wenig Verständnis zeigten Presse und Behörden. “Die Wiener Polizei hatte Mordalarm”, berichtete die “AZ”. “Doch die vermeintliche Bluttat entpuppte sich als makabrer Scherz zweier dubioser Künstler. Sie hatten ein frisch geschlachtetes Lamm in einem Sack verpackt in den Donaukanal geworfen”. Neben dem Artikel findet sich der Polizeibericht und die Information, dass Nitsch und Muehl wegen diverser Ordnungswidrigkeiten 400 Schilling Strafe zahlen oder zwei Wochen Arrest antreten mussten (was die beiden nicht zuletzt aus finanziellen Gründen auch taten). Das WAM ermöglicht nun eine sachliche Betrachtung und tiefere Analyse der Aktion sowie einen durchaus erwünschten kritischen Diskurs abseits des Skandalgeschreis.

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Die Präsentation von Muehls “Materialaktion Nr. 11, Mama und Papa” vom 4. August 1964 hat Kurator Pascal Zoss in 300 Bilder von zwei Fotografen gekleidet. “Zunächst ging es darum, die Chronologie der Aktion möglichst genau zu rekonstruieren”, sagt Zoss. Mit “Silber” (Frühjahr 1965) wurde die wohl opulenteste Aktion von Brus ausgewählt, laut Kurator Roman Grabner “motivisch gespickt mit Elementen aus Literatur und bildender Kunst des Fin de Siècle”. Ergänzend dazu spricht Brus’ Partnerin Anna, die in Leinentücher gehüllt und zu einem Paket verschnürt wurde, in einem Film über ihre Erfahrungen als Frau im Aktionismus und ihre Beteiligung daran. Im letzten Teil der Schau wird die vorletzte Aktion (18. Dezember 1965) von Rudolf Schwarzkogler gewürdigt, der sich nach acht Jahren vom Aktionismus abwandte. “In ihrer Reduktion unübertroffen”, schwärmt Kurator Marcello Farabegoli über die Aktion, deren zentrales Motiv die “marionettenhafte Passivität des anonymisierten Körpers” ist. Die Fotografien zeigen eine andere, subtilere Ästhetik als etwa Muehl. Ein wiederentdeckter Film von Brus, der die Aktion mit der Kamera festgehalten hat, ergänzt hier die Fotografien.