Folk aus Schottland – differenziert, solistisch, gemeinsam

Die Young Scots Trad Awards Winner Tour machte Station in Liechtenstein.
Schaan Es war ein Konzertabend, der sich wohltuend von vergleichbaren Formaten abhob: Mit hohem technischen Können, stilistischer Vielseitigkeit und erkennbarer Bühnenroutine verwandelten vier junge Musiker aus Schottland am 1. April das TAK in Schaan in einen Raum geballter musikalischer Präsenz. Zum zweiten Mal machte die Young Scots Trad Awards Winner Tour in Liechtenstein Station – und überzeugte ein aufmerksames Publikum mit klar konturierten Beiträgen, einem gut abgestimmten Programm und der individuellen Eigenständigkeit der Mitwirkenden.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Seit 2018 präsentiert die Tour jährlich eine Auswahl junger Talente aus der schottischen Folkszene, die sich zuvor in Wettbewerben wie dem BBC Radio Scotland Young Traditional Musician of the Year Award” durchgesetzt haben. Inzwischen hat sich daraus ein regelmäßiges Format entwickelt, das weniger in Form programmatischer Statements als vielmehr in stilistisch differenzierten Einzelporträts Einblicke in aktuelle Strömungen des zeitgenössischen Folk bietet.

Den Anfang machten Pablo Lafuente und die Pipe-Spielerin Ailis Sutherland. Lafuente, Gitarrist mit klassischem Geigenhintergrund und einer der gefragtesten Studiomusiker seines Landes, überzeugte durch die konzentrierte Ruhe seines Spiels: rhythmisch präzise und doch transparent in der Textur. Sein iberisch-schottischer Hintergrund prägt nicht nur seine Phrasierung, sondern auch die Wahl der Repertoireschwerpunkte – hörbar etwa in der Mischung aus perkussiven Mustern und weit gespannten Melodiebögen.

Ailis Sutherland, deren Ausbildung stärker in den strukturell anspruchsvollen Wettbewerbsformationen verankert ist, nutzte das lauteste Instrument des Abends nicht für Effekthascherei, sondern für klar artikulierte, spannungsreich entwickelte Linien. Auch ihr Spiel auf der Whistle überzeugte durch Flexibilität und Präzision – weniger durch individuelle Handschrift als durch technisches Können.

Deutlich lyrischer war der Auftritt der Sängerin Mairi McGillivray. Ihre Stimme – klar im Timbre, mit gut kontrollierter Höhe und sensibler Phrasierung – entfaltet sich besonders in den gälischen Liedern, wo sie durch zurückhaltende, präzise eingesetzte Verzierungen eine ruhige, traditionsbewusste Haltung bewahrt. McGillivray, die auf der Insel Islay aufgewachsen ist, bleibt stets nah an der Linie des Liedes, ohne sie zu glätten.

„Den Schlusspunkt setzte die Geigerin Eryn Rae mit dem technisch anspruchsvollsten Part des Abends. Ihre stilistische Ausrichtung verbindet Elemente der klassischen Fiddle-Tradition mit idiomatischen Erweiterungen – etwa durch Einflüsse aus Pop und Minimal Music. Seit dem Gewinn des BBC Award 2022 beeindruckt Rae auch in ihrem Solo-Repertoire durch ein rhythmisch geprägtes und dramaturgisch klar strukturiertes Spiel.
Das Konzept der Tournee sieht einen zweiteiligen Ablauf vor: Zunächst präsentieren sich die Musiker solistisch, im zweiten Teil gemeinsam – als Ensemble. In dieser Konstellation entsteht eine Dynamik, die sich weniger über Effekte als über Reaktionsbereitschaft und kollektives Timing entfaltet. Auch im TAK funktionierte dieses Modell.