Ein Abend für die Lyrik: Wie ein Gedichtband entsteht

Der oberösterreichische Autor Erwin Einzinger und sein Lektor Günther Eisenhuber gewähren am 23. April im Theater Kosmos Einblicke in die Entstehung eines Lyrikbands.
Bregenz Wer sich schon immer gefragt hat, wie Lyrik entsteht, hat nun die Gelegenheit, Antworten zu erhalten. Unter dem Titel „Ein Blick hinter die Kulissen eines Gedichtbandes“ lädt das Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek am Mittwochabend zu einem Werkstattgespräch mit dem Autor Erwin Einzinger und Lektor Günther Eisenhuber ins Theater Kosmos. Der Abend bietet Einblicke in den Entstehungsprozess eines neuen Lyrikbands, der im Herbst 2025 im Verlag Jung und Jung erscheinen soll.
„Beim Schreiben geht es mir persönlich unter anderem darum, dass in meiner Literatur Überraschendes passiert – dass das Schreiben auch mich selbst überrascht und vielleicht einen neuen Blick auf die Welt oder auf die Art, wie diese wahrgenommen wird, ermöglicht“, sagt Einzinger. „Aber das ist freilich nur so halbherzig dahingesagt, denn in Wahrheit weiß man ja selber kaum, was das Geheimnis interessanter Literatur ist – auch wenn man ihm versuchsweise stets auf den Fersen ist.“ So wandelbar wie die Lyrik ist auch das Schreiben selbst. Seinen neuen Gedichtband hat Einzinger mehrfach überarbeitet. Er hat Textstellen gestrichen, neu begonnen und umgebaut. „Ich habe das im Mai bereits abgeschickte Manuskript immer wieder erweitert, vieles wieder herausgenommen. Einen konkreten Anfang kann ich nicht nennen. Wenn mich die Lust, Gedichte zu schreiben, überkommt, geht das meistens früher oder später in einen regelrechten Furor über, in dem ich ständig neue Gedichte liefere – die ich dann allerdings meist x-mal überarbeite“, erklärt der Autor. Als ständige Begleiter hat Einzinger seine Notizbücher beim Schreiben stets griffbereit. Darin sammelt er Material, das er nebenher notiert hat. Dabei kann es passieren, dass Wörter und Texte aus ihm heraussprudeln – an manchen Tagen entstehen mehrere Werke. „Diese intensive Phase geht irgendwann vorbei, und ich lasse das Gedichteschreiben dann gerne für längere Zeit ruhen.“ Auf Reimstrukturen legt Einzinger dabei keinen besonderen Wert. „Rhythmus, Klang und weitere Aspekte spielen eine entscheidende Rolle. Sie sind mir mindestens so wichtig wie das, was die Gedichte an inhaltlichem Material transportieren“, betont er.

Am 23. April wird Einzinger um 19 Uhr aus einigen seiner Texte lesen. Er wird nicht nur Einblicke in deren Entstehung geben, sondern auch Fragen zur Auswahl der Gedichte sowie zu redaktionellen Entscheidungen beantworten. Lektor Günther Eisenhuber wird gemeinsam mit dem Autor über Coverentwürfe, Autorenfotos und Klappentexte sprechen. Darüber hinaus bekommen Besucher auch Einblicke in die Arbeit eines Lektors. „Von den ‚kosmetischen‘ Veränderungen auf der Textoberfläche abgesehen, hat man als Lektor nicht viele Möglichkeiten, in einen Text einzugreifen. Da man schlecht etwas dazudichten kann, bleibt meist nur das Streichen, um einen Text klarer zu machen“, erklärt Eisenhuber. „Das gelingt in der Regel auch. Die meisten Texte lassen sich zum Vorteil ihrer literarischen Qualität ‚gesundschrumpfen‘.” Auch wenn viele die Arbeit mit unterschiedlichen Autorinnen und Autoren als schwierig empfinden, hat Eisenhuber eine klare Meinung: „Schöner ist nur die Arbeit an ihren Texten.“
Für alle, die Poesie nicht nur lesen, sondern auch verstehen wollen, ist „Die Werkstatt der Poesie“ im Theater Kosmos ein lohnender Besuch.
