Der Reiz der Twitter-Poetik

„Das All im eignen Fell“ von Clemens J. Setz verschaft Flüchtigem ein langes Leben.
Schwarzach Der bestehende Text ist: Twitter-Poesie. Clemens J. Setz ist nach Michael Krüger der zweite Autor, der mit dem vom Literaricum Lech vergebenen Lyrikpreis Poeta Laureatus 2024 ausgezeichnet wurde. Seine Aufgabe: Zwölf Gedichte darüber zu schreiben, was ihn aktuell bewegt. Bei wenigen Schriftstellern ist die Liste an Auszeichnungen so lang wie beim gebürtigen Steirer. Alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Nur so viel: Der Georg-Büchner-Preis und der Österreichische Buchpreis sind auch dabei. Weit weniger bekannt ist jedoch, dass der unkonventionelle Poet auch auf Twitter dichtend aktiv war. Mit dem bei Bibliothek Suhrkamp erschienenen Band „Das All im eignen Fell“ packte er die digitalen Texte zwischen zwei Buchdeckel und spielt mit großer Lust die Vielseitigkeit unterschiedlichster Formen aus. Setz’ Lyrik ist nicht stringent und folgt keinem Verfahren oder Stil. Vielmehr spannt er darüber das Ziel, den 140-Zeichen-Textminiaturen ihre Flüchtigkeit zu nehmen und sie vor dem kurzlebigen Verschwinden für die Ewigkeit festzuhalten.
Erinnerungsbuch
Der zweite Teil des 192 Seiten zählenden Bandes besteht nicht aus Gedichten, sondern aus essayistischen Abhandlungen darüber, welche Vertreter der deutschsprachigen Twitterpoesie es gab und welche Stilmittel verwendet wurden. Es ist eine Abhandlung, ähnlich einer Vorlesung, jedoch spannend und witzig geschrieben. Der Gedichtband ist als eine Art Rettungsprojekt zu sehen. Denn wenn das gedruckte Buch für eines steht, ist es die Langlebigkeit. CRO