Nichts von Berchtold?

VN-Kommentar von Walter Fink.
Es war eine unglaubliche Leistung: Eine arbeitsmäßige, eine handwerkliche, eine künstlerische. Jede einzelne Keramik-Kachel wurde von Hubert Berchtold vor dem Brennvorgang bemalt. Hunderte Kacheln, besonders große, eine riesige Fläche, die ganzen Wände im gesamten Badebereich. „Der Blick auf das Bild wandert über die Liegezone auf braunem Grund, sammelt sich an der weißen Stirnwand und erfasst dann den Mutter-Kind-Bereich. Dort fließt er über die Ziegelwände hinab ins Wasser. In engem Kontakt mit den Planern (Guntram Mätzler und Norbert Schweitzer) ist hier eine Symbiose von Bauwerk und Malerei entstanden.“ So steht es im Lexikon „Kunst und Bau in Vorarlberg seit 1945“ von Susanne Fink, das 2003 vom Vorarlberger Landesmuseum herausgegeben wurde. Ein seltenes, wunderbares Zusammentreffen von Architektur und Kunst also.
Die Arbeit von Hubert Berchtold ist kurz vor seinem Tod im Jahre 1983 entstanden. Zwei Jahre vorher machte er mit der Gestaltung des Montfortsaals im Vorarlberger Landhaus auf sich aufmerksam, die größte von einem Maler bis dahin bearbeitete Fläche in einem Innenraum im Land. Bei beiden, beim Landhaus und im Hallenbad, wurde der Einfluss, den die Aufenthalte und letztlich das Atelier von Berchtold im spanischen, im andalusischen Ronda auf den Maler ausübten, deutlich.
Der Montfortsaal im Landhaus bleibt uns, davon dürfen wir ausgehen, erhalten. Anders die großartige Arbeit im Hallenbad. Denn im alten Bad regiert seit dieser Woche die Abrissbirne. Das neue Seehallenbad ist längst eröffnet, das alte muss anderen Dingen weichen. Und von Hubert Berchtolds Wandgestaltung wird nicht viel übrig bleiben. Bestenfalls die gesamte, oben angeführte „weiße Stirnwand“. Denn bei einer Sitzung – vor Jahren von der Stadt Bregenz einberufen – wurde beschlossen, dass dieser Teil erhalten werden soll. Der gesamte Rest, die Keramikarbeiten an der Längsseite und im besonders schönen Mutter-Kind-Bereich, werden im Schutt des geschliffenen Bauwerks verschwinden. Zugesagt wurde damals allerdings eine akribische Bestandsaufnahme der Arbeiten Berchtolds im alten Hallenbad, eine bildnerische und kunsthistorische Dokumentation zumindest fürs Archiv.
Gehen wir einmal davon aus, dass alles dokumentiert ist, dann bleibt immer noch die Frage, ob die „weiße Stirnwand“, ein besonders beeindruckender und in sich geschlossener Teil der Arbeit, so abgetragen wurde, dass sie in einen neuen Teil eingearbeitet werden kann. Versprochen wurde, dass diese großflächige Keramik in den neuen Strandweg, der hinter dem alten Hallenbad entstehen soll, eingebaut wird. Also noch öffentlicher als im Hallenbad, im Freien, immer verfügbar, wenn man das Bild betrachten will. Es könnte ein besonderer Punkt am Strandweg werden, ein kleiner Ersatz für den Verlust der Bilder im Hallenbad. In den bisherigen Aussendungen war von vielem, aber nichts von dieser „Rettung“ zu lesen. Wir wollen aber doch hoffen, dass wir uns an diesem kleinen Teil von Hubert Berchtold weiter erfreuen können.